Um handlungsfähig zu bleiben, ist die öffentliche Hand gut beraten, nicht unbegrenzt Schulden zu machen. So wie für private Haushalte und Unternehmen gibt es aber auch für die Stadt Wien gute Gründe, in bestimmten Situationen Ausgaben und Investitionen über Kredite zu finanzieren.
Die Entwicklung der Wiener Schulden orientiert sich an der wirtschaftlichen Lage. In Boomphasen wird gespart, doch in Krisenzeiten investiert, um die Wirtschaft anzukurbeln. So wurden die Schulden Wiens von 2000 bis 2007/2008 von 3,7 Prozent des Bruttoregionalprodukts auf 2,0 Prozent verringert – etwa 650 Millionen Euro Schulden wurden in diesem Zeitraum getilgt.
Doch dann kam die Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Wiener Stadtpolitik hat sich damals dazu entschieden,? die Auswirkungen der Krise aktiv zu bekämpfen. Die Stadt Wien spielt eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben. Zur Erledigung der vielen Aufgaben müssen zahlreiche Dinge angeschafft werden – sozusagen vom Bleistift bis zur U-Bahn. Durch diese »nachfragewirksamen Ausgaben« hat die Stadt einen wesentlichen Beitrag geleistet, um die Wiener Wirtschaft zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu sichern. Dafür wurden insgesamt rund 25 Milliarden Euro aufgewendet.
Die goldene Regel und die »doppelte Dividende«
Bei diesen Ausgaben orientiert sich Wien an der »goldenen Regel«. Diese besagt, dass es wirtschaftlich sinnvoll ist, wenn die öffentliche Hand langfristige Investitionen mit geborgtem Geld finanziert. Denn Projekte wie der Ausbau des Öffi-Netzes werfen in Zeiten der Wirtschaftskrise eine doppelte Dividende ab: Sie dienen nicht nur den Menschen, sondern bringen auch Wirtschaftswachstum und damit Arbeitsplätze. Alles, was die Stadt hier macht, zahlt sich derzeit also in zweifacher Hinsicht aus.
Die Politik der Stadt Wien wird als antizyklisch bezeichnet: Sparen in guten Zeiten, Investitionen in schlechten Wirtschaftsjahren. Diese antizyklische Haushaltspolitik hat sich bewährt, kostet aber auch Geld. Denn einerseits gehen der Stadt durch die schwache Wirtschaftsentwicklung Steuereinnahmen verloren und andererseits werden Leistungen wie z. B. die Bedarfsorientierte Mindestsicherung stärker benötigt. Der Schuldenstand ist daher seit 2008 wieder gestiegen.
Der aktuelle Wiener Voranschlag für 2014 sieht Ausgaben von rund 12,34 Milliarden Euro vor, denen Einnahmen in der Höhe von rund 12,05 Milliarden Euro gegenüberstehen. Daraus ergibt sich eine Neuverschuldung von rund 290 Millionen Euro. Der voraussichtliche Gesamtschuldenstand Wiens beträgt damit rund 4,86 Milliarden Euro.
Für die nächsten Jahre setzt die Stadt Wien in der Finanzpolitik auf eine »wachstumsfreundliche Konsolidierung«. Das bedeutet, dass durch entsprechende Budgetdisziplin das Defizit verringert werden soll, aber nicht so radikal gespart werden darf, dass die sich langsam erholende Konjunktur abgewürgt wird. Das Erreichen eines Nulldefizits bzw. von Überschüssen zur Verringerung des Gesamtschuldenstands soll Hand in Hand mit der wirtschaftlichen Erholung erfolgen.