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Weltfrauentag 2023: Einkommensungleichheit besteht weiter

von Maximilian Mayerhofer und Anna Pixer

Am 8. März ist Weltfrauentag. Dass es diesen Tag immer noch braucht, um auf geschlechterspezifische Ungleichheiten aufmerksam zu machen, zeigen unterschiedlichste Zahlen und Fakten. Oft herangezogen wird dafür der „Gender Pay Gap“ – also der prozentuale Einkommensnachteil der Frauen gegenüber den Männern (genauer: Die Differenz der durchschnittlichen Brutto Frauen- & Männergehälter gemessen an den Männergehältern). Dieser betrug im Jahr 2021 immer noch 11,0 % für ganzjährig unselbständig Vollzeitbeschäftigte mit Arbeitsort Wien. Innerhalb des Magistrats der Stadt Wien ist er mit 10,2 % kleiner, hat sich aber hier – im Gegensatz zu der Betrachtung in ganz Wien – in den letzten 10 Jahren weniger verringert: Seit dem Jahr 2011 ist der Pay Gap innerhalb der Stadtverwaltung um nur 1,7 Prozentpunkte gesunken. In absoluten Werten entspricht das einem Einkommensnachteil von immer noch über 4.000 Euro brutto jährlich.

Auffällig ist, dass die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern auch nach der Einführung des Wiener Bedienstetengesetzes 2018 laut Einkommenstransparenzbericht der Stadt Wien weiterbestehen. Diese betrugen im Jahr 2021 im Durchschnitt 7,5 %. Damit weisen die Angestellten nach dem neuen Bedienstetengesetz zwar den geringsten Pay Gap in den betrachteten Systemgrenzen auf, durchschnittlich bedeutet das jedoch einen Einkommensnachteil von immer noch über 3.500 Euro brutto jährlich für Frauen in diesem System. Trotz alldem sind die genannten Einkommensunterschiede in Wien deutlich geringer als in Österreich, wo der Pay Gap im Jahr 2021 bei durchschnittlich 16,9 % lag.

Betrachtet man die Gehalts- und Lohnunterschiede unter den ganzjährig Vollzeitbeschäftigten genauer, wird klar, dass die Unterschiede deutlich pro Branche* variieren. Am höchsten ist der Einkommensnachteil mit rund 30 % in den freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen, gefolgt vom Grundstücks- und Wohnungswesen (28 %) und den Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (25 %). Auch in der frauendominierten Branche Erziehung und Unterricht liegt der Gehaltsunterschied bei 25 %. Besonders gering ist er in Beherbergung und Gastronomie (6,5 %), wo das durchschnittliche Lohnniveau generell deutlich niedriger liegt. Am geringsten ist er in Verkehr und Lagerei (3,5 %) und dem Bau, wo Frauen im Durchschnitt laut Lohnsteuerstatistik sogar um fast 17 % mehr verdienen als Männer. Letzteres deutet darauf hin, dass Frauen innerhalb des Bausektors in höherqualifizierten Berufen und nicht als Bauarbeiter*innen tätig sind – was auch durch eine Frauenquote von 6,7 % bei den ganzjährig Vollzeitbeschäftigten zu vermuten ist.

All diese Zahlen exkludieren jedoch (neben den unterjährig Beschäftigten) jene rund 180.000 von insgesamt 430.000 unselbständig tätigen Frauen, die sich in einer Teilzeitposition** befinden. Die Betrachtung des Pay Gaps, der Teilzeitverhältnisse inkludiert, wird oft kritisiert, da er Einkommen von Personen miteinander vergleicht, die unterschiedlich viel arbeiten. Bei der Betrachtung der lediglich Vollzeit-Beschäftigten lässt man in verschiedenen Branchen jedoch teilweise mehr als die Hälfte der Beschäftigungsverhältnisse von Frauen außer Acht:

Je nach Branche arbeiten zwischen 18 % (in der öffentlichen Verwaltung) und 58 % (Gesundheitswesen) der Frauen in Teilzeit. Bei Männern sind die Teilzeitquoten in allen Branchen deutlich geringer. Insgesamt arbeiten in Wien sogar fast doppelt so viele Frauen in einer Teilzeitposition als Männer (182.000 vs. 98.000 im Jahr 2020).

In der Tat wird durch die reine Betrachtung der ganzjährig Vollzeitbeschäftigten so ein wichtiger Diskurs ignoriert: Die Gründe für Frauen, keine Vollzeitposition anzunehmen. Laut Umfragedaten des Mikrozensus (2021) geben demnach fast ein Drittel der Wienerinnen in Teilzeit Betreuungspflichten als Grund dafür an. Bei Wienern trifft das nur auf rund 10 %zu.

Auch laufende Aus- und Fortbildung ist für viele Frauen (und noch mehr für Männer) ein Grund, nicht Vollzeit zu arbeiten. Einige der Befragten geben zudem an, zwar mehr arbeiten zu wollen, jedoch keine geeignete Position zu finden. Summiert man die Gründe, die das Wahrnehmen einer Vollzeitstelle schlichtweg nicht ermöglichen, betrifft das 6 von 10 Frauen – bei Männern sind es mit 5 von 10 etwas weniger.

Wenn es um die Diskussion der geschlechterspezifischen Einkommensunterschiede geht, sollte man die ganzheitliche Betrachtung aller Beschäftigungsverhältnisse nicht unbeachtet lassen. Unbezahlte Arbeit wird zum Großteil von Frauen ausgeführt – was durch eine Reduktion der bezahlten Arbeit in der Regel zu realen Einkommensnachteilen führt. Um die Gehaltslücke zu schließen, braucht es neben dem Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen vor allem auch eine faire Aufteilung von Kinderbetreuung, Haushaltsarbeit und Pflege von Angehörigen (der sogenannten „Care-Arbeit“) zwischen Männern und Frauen, sowie eine gerechte Bezahlung von frauendominierten Branchen. Es sollte außerdem nicht vergessen werden, dass es auch noch immer einen gewissen Teil der Einkommensunterschiede gibt, der nicht durch unterschiedliche Beschäftigtenmerkmale (wie Alter, Branche, Arbeitszeit oder Arbeitserfahrung) erklärbar ist, sondern auf geschlechtsspezifische Diskriminierung zurückzuführen ist. Der Vergleich der Gehälter und der Beschäftigungsverhältnisse in verschiedenen Systemen und Branchen ist deshalb nur ein Indikator, um Geschlechtergerechtigkeit ein Stück näher zu kommen.
 

Anmerkungen:
* inkludiert werden beim Branchenvergleich nur Branchen mit mindestens 2.000 Beschäftigten pro Geschlecht, um zufallsbehaftete Ergebnisse auszuschließen. Exkludiert werden demnach: Private Haushalte, Exterritoriale Organisationen, Land- und Forstwirtschaft, Bergbau, Wasserversorgung, sowie Energieversorgung.
** als teilzeitbeschäftigt gelten alle Beschäftigungsverhältnisse, die in der Lohnsteuerstatistik als „nur Teilzeit“, „überwiegend Teilzeit“ oder „eher Teilzeit“ klassifiziert sind. Dasselbe gilt für Vollzeit.

 

Zu den Autorinnen und Autoren

  • Maximilian Mayerhofer arbeitet im Dezernat Wirtschaft der Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien (MA 23).
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  • Anna Pixer arbeitet im Dezernat Wirtschaft der Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien (MA 23).

2 Kommentare

  • 2. April 2023 von Ella

    Hallo! Vielen Dank für diese klar deklarierten Informationen und Daten zu den Einkommensunterschieden. Man muss der Sache und deren Entwicklung auf der Spur bleiben…
    Sehr interessant zu lesen!
    Gruß,
    Daniela

  • 6. April 2023 von Kurt Hahn

    Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,

    ich habe den sehr interessanten und gut geschriebenen Artikel über die Einkommensungleichheit gelesen, möchte aber drei Inhomogenitäten, die sich eingeschlichen
    haben, kommentieren.

    1) Nur Vergleichbares vergleichen

    Sie erwähnen zu Recht, dass bei Einkommensvergleichen nach Branchen unterschieden werden muss.
    Allerdings muss auch innerhalb der Branchen auf homogene Gruppen geachetet werden.
    Z.B. schreiben Sie:
    Auch in der frauendominierten Branche Erziehung und Unterricht liegt der Gehaltsunterschied bei 25 %.
    Wenn man nur zwei Gruppen herausnimmet, Kindergärtner und Universitätsprofessoren.
    Sind beides Staatsposten, also gleiches Gehaltsschema (bei den Professoren müsste man dann noch das zeitliche Element beachten, also wie lange
    jemand schon Professor ist, dadurch könnte sich eine scheinbare Ungleichbezahlung wegen mehr männlichen Professoren mit längere Dienstzeit ergeben).
    Nun ist es aber so, dass es weit mehr Kindergärtnerinnen als Kindergärtner gibt, sodass dass Durchschnittsgehalt der beiden Gruppen bei den Frauen geringer
    ist, obwohl es wegen dem Gehaltsschema in beiden Gruppen gleich ist.
    Es kann sogar auftreten, dass das Gesamtdurchschnittsgehalt der Frauen geringer ist, obwohl es in beiden Gruppen grösser ist.

    2) Ungleichbehandlung von Männern und Frauen

    Sie schreiben:
    es braucht “eine gerechte Bezahlung von frauendominierten Branchen”.
    Beim Gehaltunterschied in der Baubranche, der zuungunsten der Männer ist, fordern Sie das nicht.
    Würde es sich hier nicht um Männer handeln, würde man wahrscheinlich lesen:
    Die Männer werden auf Grund ihrere größeren körperlichen Kraft diskriminiert, weil die Arbeit am Bau schlechter entlohnt wird als die Arbeit
    im Personalbüro.

    3) Gratisarbeit der Frauen in der Freizeit

    Hier nehmen die Betreuungspflichten einen großen Raum ein, wenn man auf den weiterführenden Link klickt, gehört da auch die Kinderbetreuung dazu.
    Wollen Sie damit sagen, dass den Frauen die Beschäftigung mit den eigenen Kinder keine Freude bereitet und das Anstrengende überwiegt?

    MfG
    Kurt Hahn

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