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Homeoffice in Wien: gekommen, um zu bleiben?

von Maximilian Mayerhofer

Die Corona-Pandemie und landesweit verhängte Lockdowns haben zu einem abrupten und breitflächigen Anstieg der „Arbeit von zu Hause aus“ geführt. Jetzt, nach dem Ende der Einschränkungen, zeigt sich unter den Erwerbstätigen weiterhin eine hohe Nutzung von Homeoffice. Auch wenn das theoretische Homeoffice-Potenzial nicht zur Gänze ausgeschöpft wird, deutet die derzeitige Entwicklung auf eine bleibende Veränderung am Arbeitsmarkt hin. Insbesondere in großen Ballungszentren kann vermehrte Heimarbeit der Ein- und AuspendlerInnen zu Verschiebungen im Konsumverhalten führen.

Homeoffice-Quote bleibt hoch

In der Vergangenheit hat in Wien die Verrichtung der Arbeit von zu Hause aus eine eher untergeordnete Rolle eingenommen. Trotz eines leicht steigenden Trends haben zwischen 2005 und 2019 im Durchschnitt nur etwa 6 % der unselbstständig Erwerbstätigen in Wien an mehr als der Hälfte der Arbeitstage von zu Hause aus gearbeitet; weitere 14 % haben zwar ebenfalls, jedoch seltener im Homeoffice gearbeitet. Insgesamt haben also etwa 20 % der Unselbstständigen grundsätzlich Homeoffice genutzt, während 80 % angaben, überhaupt nie von zu Hause aus zu arbeiten.

Mit Beginn der Corona-Pandemie und den landesweiten Einschränkungen ist ein abrupter Anstieg der Homeoffice-Quote eingetreten: 2020 arbeiteten nun etwa 24 % der unselbstständig Erwerbstätigen zumindest die Hälfte der Arbeitstage von zu Hause aus, weitere 13 % nutzten ebenfalls, jedoch seltener, Homeoffice. In Summe gaben damit rund ein Drittel aller Befragten an, Homeoffice zu nutzen, während der Anteil vor 2019 noch etwa ein Fünftel betrug. Ein Vergleich zwischen den Geschlechtern zeigt, dass sich Frauen etwas häufiger im Homeoffice befanden als Männer.

Seither ist eine weitere interessante Verschiebung festzustellen: Während der Anteil an unselbstständig Erwerbstätigen mit häufigem Homeoffice wieder merkbar zurückgeht (von 24 % in 2020 auf 17 % im 4. Quartal 2022), steigt gegengleich der Anteil an Erwerbstätigen, die zwar auch, jedoch seltener, von zu Hause aus arbeiten (von 13 % auf 20 %). Damit werden in Wien zwar in Summe weniger Tage im Homeoffice gearbeitet, der Anteil an unselbstständig Erwerbstätigen, die nun grundsätzlich Homeoffice nutzen, verweilt jedoch auf einem hohen Niveau. Das steht im Einklang mit einer bereits 2020 von OGM durchgeführten Befragung unter ArbeitnehmerInnen, die angaben, auch in Zukunft Homeoffice beibehalten zu wollen.

Welche Jobs sind Homeoffice-tauglich?

Welche Jobs grundsätzlich (theoretisch) auch von zu Hause aus verrichtet werden können, hängt von der Art und dem Inhalt der konkreten Tätigkeit ab. Berufe mit überwiegend analytischen und kognitiven Tätigkeiten (z.B. forschen, planen, evaluieren) können vielfach ins Homeoffice verlagert werden. Manuelle und interaktive Tätigkeiten hingegen (z.B. reparieren, verkaufen, renovieren) können von Natur aus kaum von zu Hause aus verrichtet werden. Anhand der Zuteilung eines Tätigkeitsschwerpunktes für jeden Beruf wurde in einer Analyse des Wirtschaftsforschungsinstituts ein Homeoffice-Potenzial von 45 % für unselbstständig Erwerbstätige in Österreich berechnet. Auffällig ist hierbei, dass das Potenzial unter Frauen (47 %) deutlich größer ausfällt als unter Männern (43 %), was neben dem geringeren Ausmaß an manuellen Tätigkeiten unter Frauen auch an deren durchschnittlich höheren Ausbildung liegen kann.

Wird nach dieser Methode auch für Wien vorgegangen, fällt das errechnete Homeoffice-Potenzial in der Bundeshauptstadt mit 54 % höher aus als das Potenzial für ganz Österreich. Das ist vor allem auf den geringeren Anteil an manuellen Tätigkeiten in Wien zurückzuführen. Sowohl für Österreich als auch für Wien zeigt sich, dass der tatsächliche Anteil an unselbstständig Erwerbstätigen im Homeoffice noch unter dem theoretisch möglichen Potenzial liegt.

Homeoffice-Tage steigen mit dem Einkommen

Ein interessanter Zusammenhang ergibt sich zwischen dem Einkommen der Beschäftigten und der Anzahl an Homeoffice-Tagen. Werden vollzeit- und ganzjährig unselbstständig Beschäftigte aufsteigend nach ihrem Einkommen in zehn gleichgroße Personengruppen aufgeteilt (Dezile), zeigt sich: Je höher das Einkommen, desto stärker steigt auch die Anzahl an Homeoffice-Tagen. Während etwa die obersten 10 % der EinkommensbezieherInnen im Jahr 2021 durchschnittlich 59 Tage im Homeoffice verbrachten, gab es bei den untersten 10 % mit durchschnittlich 4 Tagen kaum Homeoffice. Ein Grund dafür ist, dass viele Tätigkeiten mit geringen Einkommen deutlich weniger „Homeoffice-fähig“ sind, weil sie etwa verstärkt physische Präsenz oder direkten Kundenkontakt erfordern wie beispielsweise im Einzelhandel, der Beherbergung und Gastronomie oder den Reinigungsdienstleistungen.

Sinkt der Konsum am Arbeitsort?

Die gestiegene Nutzung von Homeoffice spielt insbesondere für die Wertschöpfung und Beschäftigung in städtischen Ballungsräumen eine Rolle, da diese üblicherweise von hohen Pendelbewegungen geprägt sind. Erste Analysen etwa für Großbritannien oder die USA deuten darauf hin, dass das vermehrte Arbeiten von zu Hause einen dauerhaften Strukturbruch darstellt. Das steht auch im Einklang mit den Ergebnissen für Wien, wo die Homeoffice-Quote seit 2020 auf einem hohen Niveau verweilt. Durch das gestiegene Homeoffice von EinpendlerInnen dürften sich deren Konsumausgaben vom Arbeitsort in die Wohnregion verlagern – etwa für das tägliche Mittagessen, den Friseur, den Besuch im Fitnessstudio oder den Supermarkteinkauf. In einer rezenten Untersuchung für England und Wales wird festgestellt, dass eine Abnahme der Pendelbewegungen um 20 % in den betroffenen Regionen zu einem durchschnittlichen Rückgang der Konsumausgaben am Arbeitsort von 7 % führt. In einer Untersuchung für die USA wird für San Francisco und den bevölkerungsreichen New Yorker Stadtteil Manhattan ein Rückgang der Konsumausgaben zwischen 5 und 10 % im Vergleich zum Vorkrisenniveau geschätzt. Dies wiederum wirkt sich unmittelbar auf die unternehmerischen Umsätze und damit auch auf die lokale Wertschöpfung und Beschäftigung aus.

EinpendlerInnen nutzen verstärkt Homeoffice

Im Unterschied zu den erwähnten Ländern gibt es für Wien jedoch bisher keine belastbaren Daten zum Konsumverhalten von Ein- und AuspendlerInnen an ihrem Arbeitsort, weshalb eine Abschätzung der Konsumveränderungen vorerst nicht vorgenommen werden kann.

Was jedoch gezeigt werden kann, ist die zugenommene Bedeutung von Homeoffice unter den PendlerInnen. Von den EinpendlerInnen nach Wien nutzten 2019 rund 28 % grundsätzlich Homeoffice, während es aktuell mit 45 % fast jeder zweite ist. Das ist ein deutlich höherer Anteil als unter den Nicht-PendlerInnen (34 %). Auch bei den AuspendlerInnen aus Wien hat eine Erhöhung der Homeoffice-Quote stattgefunden, wenn auch von 20 % auf 33 % in einem kleineren Umfang. Insgesamt übertreffen Anstieg und Niveau der Homeoffice-Quote unter den EinpendlerInnen jene der AuspendlerInnen, was ein Hinweis für Verschiebungen im Haushaltskonsum auch für Wien sein könnte. Zudem sollte auch das zahlenmäßig relevante Ungleichgewicht zwischen den beiden Gruppen beachtet werden: nach letztverfügbaren Registerdaten der Statistik Austria für 2020 pendelten etwa 267.000 unselbstständig Erwerbstätige nach Wien, während „nur“ rund 96.000 aus Wien auspendelten. Damit gibt es fast drei Mal so viele EinpendlerInnen, deren Konsum sich potenziell verlagern würde, als AuspendlerInnen.

Homeoffice: gekommen, um zu bleiben

Die Nutzung von Homeoffice hat sich seit Pandemiebeginn ausgeweitet und scheint nun ein fester Bestandteil im Arbeitsleben zu bleiben. Das zeigt sich auch in der Auswertung von Stellenanzeigen in Deutschland und Österreich, die einen starken Anstieg der Homeoffice-Option feststellen. Demnach hat sich die Möglichkeit des Homeoffice in österreichischen Stellenanzeigen seit 2019 verfünffacht und lag 2022 bei 13,9 % aller Stellenanzeigen. In Wien wurde Homeoffice sogar in jeder fünften Stellenanzeige angeboten.

Für viele Erwerbstätige bringt die gestiegene Homeoffice-Option Vorteile, etwa mehr Flexibilität im Alltag oder bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das vermehrte Homeoffice hat jedoch auch Auswirkungen auf das Konsumverhalten. Vor allem unter EinpendlerInnen nach Wien kann es zu einer Verlagerung der regelmäßigen Konsumausgaben weg vom Arbeitsort, hin zum Wohnort führen, was wiederum Einfluss auf die lokale Wertschöpfung und Beschäftigung hat. Für einige große Ballungsräume in England und den USA gibt es bereits erste Schätzungen dazu. Für Wien lassen sich vorerst zwei Hinweise feststellen: Einerseits übersteigt die Zahl der EinpendlerInnen jene der AuspendlerInnen deutlich, andererseits nutzen EinpendlerInnen überdurchschnittlich häufig Homeoffice. Die Kombination dieser beiden Aspekte lässt auch für Wien erwarten, dass Verlagerungen im Konsumverhalten stattfinden – auch wenn eine Quantifizierung vorerst nicht vorgenommen werden kann.

 

Zum Autor

  • Maximilian Mayerhofer arbeitet im Dezernat Wirtschaft der Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien (MA 23).

2 Kommentare

  • 2. Juli 2023 von Julia Swoboda

    Sehr geehrter Herr Mayerhofer,

    haben Sie weitere Einschätzungen oder Zahlen auf die Auswirkungen des vermehrten Homeoffice in Wien auf den Verkehr?

    Ich schreibe gerade meine Masterarbeit an der WU Wien und würde mich über ein Feedback von Ihnen sehr freuen.

    Vielen Dank im Voraus!

    Mit freundlichen Grüßen,
    Julia Swoboda

    • 5. Juli 2023 von wien1x1.at Redaktion

      Sehr geehrte Frau Swoboda,

      danke für Ihre Nachricht! Die Frage zur Auswirkung des vermehrten Homeoffice auf den Verkehr in Wien haben wir uns auch schon gestellt. Leider ist die Datenlage unbefriedigend. Insbesondere mangelt es an näheren Informationen zum Pendelverhalten (wird mit dem Auto/Zug gependelt? Wie oft wird gependelt? Dauer des Pendelns? etc.). Daten dazu sind uns bis dato leider nicht bekannt.

      Wir wünschen Ihnen in jedem Fall viel Erfolg beim Verfassen Ihrer Masterarbeit!

      Beste Grüße
      Das Team der MA 23

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