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Wirtschaftsstandort Wien: Produktiv, gebildet, lebenswert – und noch einiges zu tun

von Alina Pohl und Franz Trautinger

Der Standort Wien hat schwierige Jahre hinter sich, 2016 kam die Trendwende. Wien ist weiterhin eine der wirtschaftlich stärksten und attraktivsten Regionen Europas – allen Unkenrufen zum Trotz. Die WienerInnen sind so kaufkräftig wie die New YorkerInnen, die Lebensqualität gilt als die höchste weltweit. Die MA 23 hat eine neue Broschüre zum Wirtschaftsstandort herausgegeben – wir erklären hier drei wesentliche Standortfaktoren und die Herausforderungen der nächsten Jahre.

Wien ist eine der wirtschaftlich erfolgreichsten Städte der Europäischen Union. Von 276 EU-Regionen liegt die Wirtschaftsleistung Wiens auf Platz 18 (Bruttoregionalprodukt pro Kopf). Die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise hat trotzdem deutliche Spuren hinterlassen: Wirtschaftliche Stagnation – in zwei Jahren ist die Wirtschaftsleistung sogar deutlich gesunken – bei steigender Arbeitslosigkeit. Die negative Stimmung wurde durch Kassandrarufe („abgesandelt“) weiter verschlechtert. 2016 kam die Trendwende: Es gab ein starkes Wirtschaftswachstum mit über 2 % und sinkende Arbeitslosenzahlen. Vor allem drei Standortfaktoren haben geholfen, unsere gute Position in der Krise zu behalten: hohe Produktivität, gut ausgebildete ArbeitnehmerInnen und hochwertige Infrastruktur. Diese werden im Folgenden erörtert.

Unsere neue Reihe „Wien in Zahlen“

Ausgangslage: Wirtschaftskrise und Bevölkerungswachstum

Durch die geographische Lage und die kulturelle Vergangenheit spürte Wien die EU-Osterweiterung stärker als andere Städte: Nachdem 2004 und 2007 insgesamt zwölf neue Länder der EU beitraten, galt nach einer Übergangsfrist ab 2011 bzw. 2014 für die neuen EU-BürgerInnen auch in Österreich die ArbeitnehmerInnenfreizügigkeit.

Die Überlagerung mit der Ankunft von Flüchtlingen 2015/2016 (und einem leichten Geburtenüberschuss) ließ die Bevölkerung anwachsen, wie es Wien seit der Monarchie nicht mehr erlebt hatte: + 12,4 % zwischen 2007 und 2017, das entspricht 235.000 neuen BewohnerInnen – mehr als derzeit in Linz oder Favoriten leben. Die Zahl der ArbeitnehmerInnen aus den neuen EU-Staaten hat sich seit 2010 auf fast 70.000 verdreifacht. Wien überholte u. a. Hamburg, Bukarest und Budapest und ist zur sechstgrößten Stadt der EU aufgestiegen.


Grafik: Bevölkerungsentwicklung im EU-Vergleich 2007/2017

Ein derart starkes Bevölkerungswachstum stellt die meisten Städte auch in wirtschaftlich guten Zeiten vor Herausforderungen. Während einer der schwersten Krisen seit 1930 bedeutete es einige Schwierigkeiten: Steigende Bevölkerung bei gleichzeitig steigender Arbeitslosigkeit zwangen den Staat zu handeln, was nur durch Aufnahme von Schulden möglich war. Einerseits mussten Schulplätze, Busse, U-Bahnen, Krankenhausbetten usw. für mehr Menschen zur Verfügung gestellt werden. Andererseits galt es diejenigen, die ihre Jobs verloren hatten vor Armut zu schützen und wieder in Beschäftigung zu bringen.


Grafik: Arbeitslosenquote in Wien und Österreich seit 2007

Die Regierungen in Bund und Stadt ergriffen ausgewogene politische Maßnahmen statt Sparpakete zu schnüren – darunter Kurzarbeit, öffentliche Investitionen, volle Aufrechterhaltung der Sozialleistungen. Diese Programme waren den Umständen entsprechend erfolgreich: Die Lebensqualität blieb hoch, der Standort attraktiv für internationale Unternehmen, die WienerInnen in Summe zufrieden.


Grafik: Wirtschaftswachstum un Wien und Österreich seit 2008

1. Die WienerInnen sind produktiv

Wien gilt wie alle westeuropäischen Städte als „Hochlohnstandort“. In den Zeitungen liest man oft von den enormen Wettbewerbsvorteilen, die osteuropäische EU-Städte hätten: In Prag sind die Nettostundenlöhne um zwei Drittel niedriger, in Bratislava fast um drei Viertel. Das klingt zunächst besorgniserregend. Entscheidend für einen Wirtschaftsstandort sind jedoch die Lohnstückkosten und die Qualität der Produkte. Die Produktivität, d. h. die Wertschöpfung pro ArbeitnehmerIn (oder einfacher: was jede/r Erwerbstätige liefert), liegt in Wien 35 % über dem EU-Schnitt. Damit ist sie fast doppelt so hoch wie in den genannten Städten in Mittel- und Osteuropa. Die Lohnstückkosten sind also trotz der hohen Löhne wettbewerbsfähig – unser Wohlstand kann so finanziert werden. Internationale Unternehmen wissen das und kommen gerne nach Wien: Jährlich siedeln sich 150 bis 200 ausländische Firmen hier an – das ist ähnlich viel wie in den acht anderen Bundesländern zusammen.


Grafik: Arbeitsproduktivität im EU-Vergleich 2016

Ein nicht ganz ernst gemeinter, aber sehr anschaulicher Vergleich ist der Big Mac Index der Wirtschaftszeitschrift „Economist“ bzw. der Bank UBS: Wie lange muss ein/e BewohnerIn einer bestimmten Stadt arbeiten, um sich einen Big Mac kaufen zu können?
Wien ist dabei unter den EU-Hauptstädten ganz vorne: Man arbeitet hier im Schnitt 18 Minuten für den lokalen Preis des bekanntesten Fast-Food der Welt; nur London und Kopenhagen sind knapp besser. In Paris sind es 23 Minuten, im nur 55 km entfernten Bratislava sogar 48 Minuten – fast dreimal so viel.
Warum man gerade Big Macs vergleicht? Weil sich diese weltweit kaum unterscheiden und mit lokalen „Rohstoffen“ hergestellt werden.


Grafik: Big Mac Index im EU-Vergleich 2018

2. Die WienerInnen sind gebildet

31 % der WienerInnen haben ein Studium abgeschlossen – der österreichische Schnitt liegt bei 19 %. Der Anteil der Menschen mit Matura bzw. Lehre oder höherer Ausbildung liegt 6 Prozentpunkte über dem EU-Schnitt. Wien ist die größte Universitätsstadt im deutschsprachigen Raum gemessen an den Studierenden. 5,4 % aller Wiener ArbeitnehmerInnen sind in Forschung und Entwicklung tätig – der dritte Platz unter 276 EU-Regionen. Die Wiener Hochschulen und das Dualsystem der Lehre gehören zu unseren wesentlichen Standortvorteilen. Sie bilden kompetente Arbeitskräfte aus, auf die nationale und internationale Unternehmen gerne zurückgreifen.


Grafik: Studierende in Wien 2017

3. Hochwertige Infrastruktur und öffentliche Dienstleistungen machen Wien attraktiv

Man kann es grundsätzlich nicht oft genug sagen, aus Rücksicht auf die Geduld unserer LeserInnen versprechen wir aber, es in diesem Artikel nur hier zu erwähnen: Die Lebensqualität Wiens ist weltweit an der Spitze. Sowohl das Beratungsunternehmen Mercer als auch der „Economist“ stufen Wien als die lebenswerteste Stadt der Welt ein. Diese Rankings werden oft und oft zu Unrecht kritisiert („Managerumfrage“). Wenig überraschend: Fragt man die WienerInnen selbst, sehen diese es ähnlich wie die entsandten ausländischen ArbeitnehmerInnen. Ihre Zufriedenheit liegt in den meisten Bereichen weit oben.


Grafik: Wien in internationalen Rankings

Das ist kein Zufall. Die Stadt hat im Auftrag der BürgerInnen „investiert“ – und das schon seit fast 100 Jahren: Zwei von drei WienerInnen wohnen im geförderten Wohnbau, einer von vier im Gemeindebau. Das U-Bahnnetz wird kontinuierlich erweitert; die Preise gesenkt (365 Euro-Jahreskarte). Das österreichische Gesundheitssystem gilt als eines der besten der Welt. Wiener Kindergärten sind kostenlos und bis am Abend geöffnet. Die Lage um Wienerwald und Donau ist zwar nicht von den Menschen beeinflussbar. Deren Gestaltung, Schutz und Nutzung sehr wohl – z. B. durch Donauinsel und Biosphärenpark.

Das alles kommt auch den Unternehmen zugute, da attraktive Standorte das Anwerben begehrter ArbeitnehmerInnen erleichtert. Schließlich sind zufriedene Menschen auch meist motiviertere MitarbeiterInnen. Die Kindergärten machen es für berufstätige Eltern einfacher, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Zudem sind die Büromieten die niedrigsten in Westeuropa und Flughafen, Straßen- und Bahnnetz bieten schnelle und leistungsfähige Verkehrsverbindungen nach Europa und in die Welt.


Grafik: Jährliche Brutto-Büromieten im EU-Vergleich 2018

Neben den WienerInnen selbst und den Wirtschaftstreibenden schätzen auch BesucherInnen die österreichische Hauptstadt: Der Tourismus verzeichnete seit 2006 ein Nächtigungswachstum von + 58 %. Jeden Morgen wachen im Schnitt 40.000 TouristInnen in Wiener Hotels auf – das entspricht in etwa der EinwohnerInnenzahl des gesamten 9. Bezirks.


Grafik: Entwicklung der touristischen Nächtigungen seit 2006

Der UNO- und OSZE-Standort Wien behauptet sich zudem als internationale Kongressstadt: Laut International Congress and Convention Association erreichte die österreichische Hauptstadt 2017 mit 190 internationalen Tagungen auf Platz 2 weltweit – gleichauf mit Paris und nach Barcelona. Der Beitrag von Kongressen zum Bruttoregionalprodukt steigt seit Jahren kontinuierlich und liegt derzeit bei fast einer Milliarde Euro.

Es gibt noch einiges zu tun

Im Vorwort der neuen Broschüre stellt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke fest: Es gibt einiges zu tun! Die Arbeitslosigkeit ist mit 13 % noch weit von der Vollbeschäftigung entfernt. Die Gleichstellung der Geschlechter ist noch nicht abgeschlossen – wie die Daten zum Gender Pay Gap, zu den F&E-Beschäftigten und zur Teilzeitbeschäftigung zeigen. Die Infrastruktur muss so rasch wie möglich ausgebaut werden – dazu gehören die 3. Flughafenpiste, der Lobautunnel, die U2/U5 und zahlreiche Wohnbauprojekte. Die Digitalisierung erfordert neben dem Netzausbau auch mehr und bessere Ausbildung für unsere ArbeitnehmerInnen, damit alle vom Fortschritt profitieren können und niemand zurück bleibt.

Die Voraussetzungen dafür, dass wir diese Herausforderungen meistern werden, sind gut – und deutlich besser als noch vor fünf oder zehn Jahren. Wir hoffen, dass Ihnen unser neu gestaltetes Heft einen interessanten Einblick gewährt und freuen uns auf Ihre Rückmeldungen!


Grafik: Der Wirtschaftsstandort Wien auf einen Blick

 

Weiterführende Informationen

Weitere Daten zum Wirtschaftsstandort Wien finden Sie unter www.statistik.wien.at
Broschüre “Wien in Zahlen”
Reihe “Wien in Zahlen”: Forschung und Entwicklung
Zusammenfassung im Wien 1×1-Blog: “Forschungsstandort Wien: Innovative Unternehmen, exzellente Hochschulen und hervorragende ForscherInnen”
Reihe “Wien in Zahlen”: Wirtschaftsstandort
Reihe “Wien in Zahlen”: Bevölkerungsprognose

Download und Bestellung

  • Alle Broschüren der Reihe „Wien in Zahlen“ stehen auf www.statistik.wien.at zum Download auf Deutsch und Englisch zur Verfügung und können kostenfrei in gedruckter Form bestellt werden. Poster senden wir Ihnen auf schriftliche Anfrage vorbehaltlich Verfügbarkeit zu.

 

Zu den AutorInnen

  • Alina Pohl arbeitet im Dezernat Wirtschaft der Magistratsabteilung 23 – Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien.
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  • Franz Trautinger ist Leiter der Stabsstelle Kommunikation der Magistratsabteilung 23 – Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien.

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