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Airbnb muss Daten an Stadt München herausgeben – Rückenwind für den Wiener Weg

von Klemens Himpele

Wien hat etwas, worum uns viele andere Städte beneiden: die Daten von 13 Buchungsplattformen für touristische Nächtigungen. Es zahlt sich heute aus, dass Wien konsequent geblieben ist und einen vielleicht wenig spektakulären (und weniger schlagzeilenträchtigen), aber effektiven Weg gewählt hat. Das Urteil aus München ist ein erfreuliches Signal.

Wien hat bereits seit 2015 an einer gesetzlichen Regelung gearbeitet, die den Vollzug der Ortstaxeregelungen sicherstellen soll. Dazu wurde das Wiener Tourismusförderungsgesetz 2016 geändert und europäisch notifiziert. Das hat zwar zusätzlich Zeit gekostet, aber auch die Rechtssicherheit erhöht. Nach einem weiteren halben Jahr Übergangsfrist sind diese Regelungen im August 2017 in Kraft getreten. Seitdem können die Plattformen entweder mit Wien eine Vereinbarung nach dem Tourismusförderungsgesetz schließen, die sowohl die Interessen der Stadt als auch jene der Plattform berücksichtigt. Eine solche Vereinbarung ist mit HomeAway im August 2018 zu Stande gekommen. Oder die Plattformen müssen der Stadt Wien die entsprechenden Daten übermitteln, was zwölf der AnbieterInnen tun. Die Gespräche mit Airbnb wurden Ende Oktober 2018 nach über einem Verhandlungsjahr ergebnislos abgebrochen. Fünf Plattformen bekämpfen derzeit Bescheide der Stadt Wien vor dem Verwaltungsgericht – und hier gibt das Münchner Urteil Rückenwind. Dort ging es zwar um die Zweckentfremdung von Wohnungen – bei uns um die Ortstaxe –, und in München gilt deutsches Recht, nicht österreichisches, die Grundlagen des Streites sind aber dieselben.

Plattformen und nationales Recht

Der grundsätzliche Streit dreht sich um die Frage, was eigentlich lokal geregelt werden darf, ohne als Eingriff in den europäischen Binnenmarkt zu gelten. Die Plattformen vertreten häufig den Standpunkt, dass nur das im Sitzland geltende Recht – im Fall von Airbnb also das irische Recht – für sie relevant sei und nationale oder lokale Regelungen nicht zu beachten seien. Sie würden als Plattform lediglich AnbieterInnen und NachfragerInnen von Angeboten zusammenbringen und müssten sich daher nicht an lokale Gesetze halten. Das war auch der wichtigste Grund des Abbruchs der Verhandlungen zwischen der Stadt Wien und Airbnb.

In München hat Airbnb genauso argumentiert, das Verwaltungsgericht München hat dem aber deutlich widersprochen. In einer Pressemitteilung vom 13.12.2018 heißt es: „Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass sich die Klägerin trotz ihres Firmensitzes in Irland aufgrund ihrer Tätigkeit im Bundesgebiet an nationale Vorschriften halten muss. Weder sei die Republik Irland für die Überwachung des Zweckentfremdungsrechts in München zuständig noch gelte irisches Recht. Das Auskunftsverlangen sei als Maßnahme zur Überwachung des Zweckentfremdungsrechts nach EU-Recht zulässig.“ Anzumerken ist, dass der Rechtsweg in diesem Fall nicht ausgeschöpft und das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

Auch mit dem Personentransport als weiterem Bereich der Plattformökonomie beschäftigen sich in Wien immer wieder die Gerichte – allerdings ohne Zutun der Stadtverwaltung. Der EuGH hat hier im vergangen Jahr wegweisend geurteilt: So berichtete beispielsweise der Standard am 20.12.2017: „Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte zuvor in einem Urteil festgestellt, dass Uber nicht bloß ein Onlinedienstleister ist, der es mit seiner Plattform erlaubt, Kunden und Autofahrer zu vernetzen. Uber erbringe in Wahrheit eine Verkehrsdienstleistung, so der EuGH.“ In diesem Fall ist damit auch die Aussage der Plattform, man bringe nur Angebot und Nachfrage zueinander, nicht haltbar.

Unmut in den Städten

Derweil wächst der Unmut in den Metropolen. Während vor wenigen Jahren noch eine unterschiedliche Herangehensweise der Städte zu beobachten war ist der Tenor heute der gleiche: Wir müssen Regeln für das Zusammenleben treffen und auch durchsetzen können. Erst kürzlich haben sich 31 Städte in Barcelona auf eine gemeinsame Haltung zum Thema geeinigt. Darin wird auch die Souveränität der Städte betont, eigene Regeln erlassen zu können. Sie müssen in der Lage bleiben, das Allgemeinwohl zu schützen.

Die Regelungen im Einzelnen sind recht unterschiedlich. Derzeit am häufigsten wird mit Registrierungen gearbeitet – bisher scheitert das aber an der Durchsetzung gegenüber den Plattformen. In Wien müssen gewerbliche VermieterInnen seit jeher und nichtgewerbliche „Hosts“ seit 2013 Ortstaxekonten bei der Stadt eröffnen. Daher wurde auf weitere Registrierungsverpflichtungen, die zusätzlichen Aufwand verursachen, bisher verzichtet. Wien hat von Anfang an auf den Datentransfer gesetzt. Letztlich wird sich zeigen, welche Regelungen funktionieren – und man wird sich daran orientieren. Allerdings bleibt ein Problem: Die Lage in der EU.

Der europäische Binnenmarkt und die Europäische Kommission

Die Europäische Kommission hat ein sehr einseitig positives Verständnis der Plattformökonomie, ist aber wenig aktiv wenn es darum geht, geltende Rechtsrahmen zu schützen. So heißt es in einer aktuellen Binnenmarktmitteilung der Kommission: „Online-Plattformen sind zu wichtigen Akteuren im Binnenmarkt geworden, sodass mehr als eine Million Unternehmen Kunden in der gesamten Union erreichen können. Das Innovationspotenzial von Online-Plattformen wird jedoch durch mangelndes Vertrauen sowie durch die Zunahme nationaler Vorschriften beeinträchtigt….Die im Entstehen begriffene kollaborative Wirtschaft bietet Chancen für Bürger und Unternehmen gleichermaßen. Mehr als 400.000 Bürgerinnen und Bürger üben bereits wirtschaftliche Tätigkeiten in diesem Kontext aus, z. B. in den Bereichen Verkehr, Hotel- und Beherbergungsgewerbe sowie Finanzen. Damit die Geschäftsmodelle, die sich auf die kollaborative Wirtschaft stützen, ihr Potenzial voll entfalten und die entsprechenden Unternehmen ungehindert wachsen können, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten nicht unkoordiniert Regulierungsmaßnahmen erlassen, beispielsweise bei der Abgrenzung zwischen Erwerbstätigkeit und „Peer-to-Peer“-Dienstleistungen.“

Die Kommission benennt hier explizit das Beherbergungsgewerbe (also Airbnb u. a.) und den Verkehr (also Uber u. a.) und lässt freundlich ausrichten, dass der Schutz von Wohnraum ja so wichtig nicht sein könne, dass es dafür Regelungen bedürfe. Dem widersprechen wir als Wiener Stadtverwaltung entschieden. Es geht aber noch weiter: Selbst wenn es rechtskräftige Urteile etwa gegen Airbnb gibt, müssen diese in Irland vollstreckt werden. Man ist also auf das Sitzland angewiesen. Es bestehen erhebliche Zweifel, dass das derzeit problemlos funktioniert. Daher bräuchte es dringend Initiativen seitens der Kommission.

Es ist nicht nachvollziehbar, mit welchem Dogmatismus eine vermeintliche Binnenmarktliberalisierung gegen jede Vernunft durchgedrückt werden soll. Das Gute ist, es organisiert sich Widerstand in den Städten. Die Plattformen hatten lange die Chance, gemeinsam mit den Städten vernünftige Lösungen auszuarbeiten. Diese Chance wurde leichtfertig von den Plattformen verspielt. Die Kommission hält sich vornehm zurück: Sie kritisiert zwar die „unkoordinierten Regulierungsmaßnahmen“ in den Mitgliedstaaten, nimmt ihre koordinierende Rolle aber nicht wahr. Beim Schutz des Wohnraums, beim Schutz von ArbeitnehmerInnen- und KonsumentInnenrechten kann es keine Kompromisse geben. Das sollte auch die Europäische Kommission verstehen und endlich vermittelnd agieren. Letztlich geht es um gleiche Rechte und Pflichten für alle im europäischen Binnenmarkt – und den Erhalt unserer hohen Lebensqualität!

Zum Autor

  • Klemens Himpele ist Leiter der Magistratsabteilung 23 – Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien.
    @KHimpele

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