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Pension gap: Warum Frauen weniger Pension erhalten

von Claudia Spengler

Am 4. August 2023 ist in Österreich der Equal Pension Day. Das bedeutet, dass im Schnitt Männer bereits an diesem Tag so viel Pension bekommen haben wie Frauen erst zum Jahresende. Je früher also der Equal Pension Day ist, desto ungleicher sind die durchschnittlichen Pensionen verteilt. Im Vergleich zum Vorjahr ist der österreichische Equal Pension Day 2023 um einen Tag nach hinten gerückt.

Den Unterschied in der Höhe der Pensionen von Frauen und Männern nennt man auch Equal Pension Gap. In Österreich erhalten Männer im Durchschnitt eine Pension von 2.162 €, während Frauen mit einer durchschnittlichen Pension von 1.285 € 41 % weniger bekommen (jeweils brutto). Der Gender Pension Gap ist eine direkte Folge des Gender Pay Gaps, also des Unterschiedes im Gehalt von Männern und Frauen.

Warum ist ein hoher Gender Pension Gap ein Problem?

Ein hoher Gender Pension Gap ist problematisch, da er der Hauptgrund dafür ist, dass Frauen stärker von Altersarmut bedroht sind. Im Jahr 2021 waren 26 % der alleinlebenden Pensionistinnen in Österreich von Armut gefährdet, während es bei alleinlebenden Pensionisten 15 % waren. Die Armutsgefährdungsschwelle eines Einpersonenhaushaltes in Österreich lag 2022 bei einem monatlichen Einkommen von 1.392 €. Damit liegt die durchschnittliche Pensionshöhe von Frauen mit 1.285 € unter der Armutsgefährdungsschwelle und nur knapp über der „Mindestpension“ (Ausgleichszulage), die bei Alleinstehenden 1.110 € beträgt.

Gründe für den Gender Pension Gap

Für den Unterschied in den Pensionsbezügen zwischen den Geschlechtern gibt es mehrere Gründe. Einerseits leisten Frauen mehr unbezahlte Care-Arbeit als Männer: Das Gros der Hausarbeit, der Erziehung und Betreuung der Kinder und der Pflege von Angehörigen wird von Frauen verrichtet, die dafür ihre Wochenarbeitsstunden reduzieren oder sich teilweise ganz aus der bezahlten Arbeit zurückziehen. So sind etwa 76 % der in Teilzeit arbeitenden Personen in Österreich Frauen. Davon geben 37 % die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen als Grund für ihre Teilzeitbeschäftigung an. Von den in Teilzeit arbeitenden Männern geben nur 6 % an, dies aufgrund von Betreuungspflichten zu tun. Im Gegensatz dazu arbeiten Männer häufiger aufgrund von Aus- und Weiterbildungen in Teilzeit (18 %; Frauen: 9 %). In Wien ist der Anteil an Frauen, die aufgrund von Betreuungspflichten in Teilzeit arbeiten, geringer als im österreichischen Durchschnitt und liegt bei 29 %. Gleichzeitig wird in Wien der Grund, wegen Aus- und Weiterbildung in Teilzeit zu arbeiten, sowohl von Männern als auch von Frauen häufiger angegeben.

Ein geringeres Einkommen von Frauen ergibt sich auch daraus, dass sie seltener als Männer Führungspositionen besetzen. Gründe für diese sogenannte vertikale Geschlechtersegregation des Arbeitsmarktes liegen unter anderem darin, dass die Karriere von Frauen durch eine Elternschaft stärker unterbrochen wird als jene der Männer, die gleichzeitig häufiger Geld und Zeit in Weiterbildungen investieren. Zudem führt die Zuschreibung der Verantwortung für Care-Arbeit und die Orientierung an männlichen Erwerbsbiografien dazu, dass Frauen, trotz zunehmender Bildung, bei höheren hierarchischen Positionen an die gläserne Decke stoßen.

Hinzu kommt, dass das Lohnniveau in Berufen und Branchen, in denen vorwiegend Frauen beschäftigt sind, tendenziell geringer ist als das in männerdominierten Feldern. Das wird auch als horizontale Geschlechtersegregation bezeichnet. Aus einer Studie des WIFO wird deutlich, dass die Verdienstunterschiede zwischen verschiedenen Berufen und Wirtschaftsklassen sogar einen bedeutsameren Einfluss auf das Lebenseinkommen und damit auf die Pensionshöhe haben als die einer vorübergehenden Teilzeitarbeit.

Nicht zu vergessen ist weiterhin, dass Frauen noch immer zum Teil für die gleiche verrichtete Tätigkeit bei gleicher Qualifikation schlechter bezahlt werden als Männer, was im bereinigten Gender Pay Gap deutlich wird. Dieser kann unterschiedlich berechnet werden, je nachdem durch welche Merkmale man den Pay Gap „bereinigt“ und welche Datengrundlage man heranzieht. So geht die Statistik Austria beispielsweise von einem unerklärten Teil der Lohndifferenz in Höhe von 14,0 % aus.

Zwar spiegelt der Gender Pension Gap immer die Unterschiede in den Erwerbsbiografien von Frauen und Männern in der Vergangenheit wider, aber die Strukturen, die zu einer geringeren Pension von Frauen führen, bleiben weiterhin bestehen.

Gender Pension Gap in Österreich besonders hoch

Im Vergleich mit anderen Ländern ist der Gender Pension Gap in Österreich im Übrigen besonders groß: Laut der Statistikbehörde Eurostat, die eine andere Berechnung des Gender Pension Gaps durchführt, liegt dieser in Österreich für das Jahr 2022 bei 33 % und damit über dem EU-Schnitt von 25 %. Auch die OECD berechnet den Geschlechterunterschied bei den Pensionen etwas anders. Im OECD-Durchschnitt bekommen Frauen eine um 26 % geringere Pension als Männer. In Österreich sind es 41 %. Ein Grund dafür ist die besonders hohe Teilzeitquote von Frauen in Österreich. Zudem arbeiten in Österreich mit 22,4 % (Stand 2018) im Vergleich mit anderen EU-Ländern viele Frauen im Niedriglohnbereich. Bei den Männern sind es 9,3 %, was unter dem EU-Durchschnitt liegt. In Wien ist der Unterschied zwischen Männern und Frauen im Niedriglohnbereich weniger stark ausgeprägt.

Wiener Equal Pension Day ist am 13. September

Doch nicht nur international, sondern auch innerhalb Österreichs unterscheidet sich das Ausmaß des Gender Pension Gaps. In Wien, dem einzigen Bundesland, in dem der Equal Pension Day erst im September, genau gesagt am 13. September, ist, erhalten Pensionistinnen durchschnittlich 1.470 € an Pension, während Pensionisten 2.095 € beziehen. Das ist ein Unterschied von 30 %. Im Vergleich dazu erhalten Frauen in Vorarlberg, dem Schlusslicht im Bundeslandvergleich, durchschnittlich um 47 % geringere Pensionen als Männer. Woher kommt dieser große Unterschied?

Wien hat im Vergleich mit den anderen Bundesländern nicht nur den geringsten Gender Pension Gap sondern auch den geringsten Gender Pay Gap. Ein möglicher Grund dafür ist die relativ gut ausgebaute Infrastruktur von Kinderbetreuungseinrichtungen, durch die die Arbeitsmarktteilhabe von Frauen erhöht wird. So befinden sich in Wien 89 % der unter 3-Jährigen und 91 % der 3- bis 5-Jährigen, die in Kindertagesheimen betreut werden, in VIF-konformer Betreuung. Die VIF-Kriterien geben darüber Auskunft, inwiefern die Kinderbetreuung mit einer Vollzeittätigkeit der Eltern vereinbar ist. Im österreichischen Durchschnitt werden dagegen nur 59 % der unter 3-Jährigen und 50 % der 3- bis 5-Jährigen, die Kindertagesheime besuchen, VIF-konform betreut. Zudem arbeiten in Wien mehr Beschäftigte im öffentlichen Bereich, in dem es vergleichsweise geringere Lohnunterschiede gibt. Hinzu kommt, dass der Wiener Arbeitsmarkt anders strukturiert ist im Vergleich zu den anderen Bundesländern: Es gibt einen großen Dienstleistungssektor, in dem die Entlohnung im Vergleich zur in Wien weniger vertretenen Sachgüterproduktion eher niedrig ist, einen relativ großen Anteil von Männern, die im Niedriglohnsektor beschäftigt sind und gute Beschäftigungsmöglichkeiten für (hochqualifizierte) Frauen.

Fazit

Pensionshöhen unterscheiden sich zwischen den Geschlechtern sehr stark. Das ist ein Phänomen, das in praktisch jedem Land auftritt, in Österreich aber besonders stark ausgeprägt ist. Das ist problematisch, weil es dazu führt, dass vor allem alleinstehende Pensionistinnen von Armut bedroht sind – und das, obwohl sie meist ihr ganzes Erwerbsleben lang sowohl bezahlte als auch gesellschaftlich relevante unbezahlte Arbeit geleistet haben. Die Gründe dafür liegen, wie beim Gender Pay Gap, in hohen Teilzeitquoten, ungleich verteilter unbezahlter Care-Arbeit, einem segregierten Arbeitsmarkt und einer teilweise schlechteren Bezahlung von Frauen für gleiche Tätigkeiten.

 

Methodische Anmerkungen
In der Berechnung des Equal Pension Days sind die Daten aller Pensionsversicherungsträger mit Ausnahme der Versorgungsanstalt des österreichischen Notariates berücksichtigt. Witwenpensionen sind nicht enthalten, Ausgleichszulagen schon. Es handelt sich um Bruttopensionen.

Bezüge für Beamt*innen in Ruhestand sind in der Berechnung des Equal Pension Day nicht enthalten, da diese nicht auf Monatsbasis zur Verfügung stehen. Der Gender Pension Gap bei den Beamt*innen ist jedoch deutlich niedriger als bei anderen Pensionen.

 

Zur Autorin

  • Claudia Spengler arbeitet im Dezernat Wirtschaft der Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien (MA 23).

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