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Das Pensionsantrittsalter von Frauen steigt: Was das für den Wiener Arbeitsmarkt bedeutet

von Claudia Spengler und Alexandra Prinz

Seit Jänner 2024 findet die schrittweise Angleichung des Pensionsantrittsalters der Frauen auf das Niveau der Männer statt (siehe Infobox). Das hat nicht nur Einfluss auf das Erwerbsleben und die Alterspension vieler Wienerinnen, sondern wirkt sich auch auf den Wiener Arbeitsmarkt aus.

Steigende Anzahl an Frauen über 60 Jahre

Die Zahl der Frauen im Alter von 60 Jahren und älter ist von 2014 bis 2024 um 11,8 % bzw. 26.634 angestiegen. Grund dafür ist der Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- und -60er-Jahre (Baby-Boomer) in diese Altersgruppe. Die Anzahl der Frauen im Alter von über 60 Jahren wird die nächsten Jahre auch weiterhin anwachsen, was in der Bevölkerungspyramide anhand der farblich hervorgehobenen Altersgruppen 55 bis 60 Jahre sichtbar wird. Bis 2033 sind jährlich durchschnittlich rund 6.900 Wienerinnen von der Anhebung des Pensionsantrittsalters betroffen.

Deutlich mehr Pensionsantritte von Frauen

In Wien beziehen aktuell 110.580 Männer und 185.184 Frauen eine Alterspension (Stand Dezember 2023). Die Tendenz bei den Neuzuerkennungen von Alterspensionen ist deutlich steigend. Im Jahr 2023 gab es mit 9.354 Neuzuerkennungen bei Frauen erheblich mehr Pensionsantritte als bei Männern (6.324 Neuzuerkennungen). Das reale Antrittsalter blieb in den letzten Jahren bei Frauen und Männern weitgehend konstant und betrug bei den Wienerinnen 60,7 Jahre, bei den Wienern durchschnittlich 64,3 Jahre. Während das durchschnittliche Alter von Männern also unter dem Regelantrittsalter von 65 Jahren liegt, ist es bei Frauen umgekehrt.

Immer noch hohe geschlechtsspezifische Pensionsunterschiede

Frauen in Wien beziehen eine deutlich niedrigere Pension als Männer: Während Männer 2023 durchschnittlich eine Pension in Höhe von 2.213 Euro erhalten sind es bei Frauen 1.572 Euro, also 29 % weniger. Österreichweit beträgt der Unterschied sogar 40 %. Hauptursache für diesen so genannten „Gender Pension Gap“ sind die niedrigeren Gehälter von Frauen während der Erwerbstätigkeit. Dass Frauen bislang einen früheren gesetzlichen Pensionsantritt als Männer hatten, spielt jedoch insofern eine Rolle, da sich daraus weniger Versicherungsjahre ergeben. Beide Faktoren wirken sich nachteilig auf die Pensionshöhe von Frauen aus.

Gesetzliche Anpassung ab 2024

  • Seit dem 1. Jänner 2024 wird das Pensionsantrittsalter von Frauen schrittweise an jenes der Männer angeglichen. Bisher konnten Frauen gemäß des ASVG mit 60 Jahren in Alterspension gehen, während das Männerpensionsalter 65 Jahre beträgt. Die Anhebung des Pensionsantrittsalters erfolgt seit dem 1.1.2024 um 6 Monate jährlich. Damit ist im Jahr 2033 die Angleichung erreicht. Die Reform wurde bereits 1992 im Nationalrat beschlossen. Frauen des Geburtsjahrgangs 1964 sind die ersten, die von dieser Reform betroffen sind.

Arbeitsmarktdaten zeigen bereits erste Auswirkungen

Betrachtet man, ein dreiviertel Jahr nach Beginn der stufenweisen Anhebung, die Arbeitsmarktzahlen der über 60-Jährigen, werden die Effekte sowohl in den Beschäftigungs- als auch in den Arbeitslosenzahlen sichtbar.

Steigende Beschäftigung durch späteren Pensionsantritt

Die unselbstständige Beschäftigung von Frauen über 60 Jahren ist im September 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4.011 Beschäftigungsverhältnisse, beziehungsweise 27,6 % gewachsen. Im Vergleich dazu ist die unselbstständige Beschäftigung von Frauen unter 60 Jahren im gleichen Zeitraum um nur 0,7 % gestiegen. Die über 60-jährigen Frauen sind mit Abstand die am stärksten wachsende Altersgruppe hinsichtlich der unselbstständigen Beschäftigung in Wien. Hierbei spielt jedoch nicht nur das steigende Pensionsantrittsalter eine entscheidende Rolle, sondern auch die Alterung der Gesellschaft, da die Zahl der über 60-Jährigen absolut steigt. So ist auch bei den Männern über 60 Jahren ein vergleichsweise starker Beschäftigungsanstieg feststellbar. Dieser ist jedoch in den vergangenen Jahren relativ konstant, während sich der anhand der Veränderungsraten erkennbare rapide Anstieg bei den Frauen auf den Strukturbruch durch die Anpassung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters zurückführen lässt.

Dabei ist zu beachten, dass einem Pensionsantritt nicht unbedingt eine Beschäftigung vorausgehen muss. Zwar ist der Wechsel aus der Erwerbstätigkeit die häufigste Übergangsform in die Alterspension, nach Berechnungen des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz trifft das im Jahr 2022 jedoch nur auf 72 % der Frauen und 76 % der Männer in Österreich zu. Etwa 14 % der Frauen und Männer bezogen vor der Pension Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe.

Neben der Beschäftigung steigt auch die Arbeitslosigkeit

Im September 2023 waren 588 Frauen im Alter von über 60 Jahren in Wien arbeitslos oder in Schulung. Im September 2024 waren es mit 1.325 um 737 Frauen mehr.

Der Anstieg der Zahl der arbeitslosen Frauen entspricht einem relativen Anstieg von über 100 %. Zum Vergleich: Bei den gleichaltrigen Männern ist die Arbeitslosigkeit (inklusive Schulungsteilnahmen) im September gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,9 % gestiegen und bei den Frauen unter 60 Jahren um 7,1 %. Dieser hohe relative Anstieg bei den älteren Frauen kommt zustande, da die absolute Anzahl an arbeitslosen Frauen über 60 bisher sehr gering war. Gleichzeitig kündigt er sehr eindrücklich die zu erwartende steigende Tendenz bei der Zahl der arbeitslosen Frauen in den nächsten Jahren an.

Gesamtes Arbeitskräftepotenzial steigt

Die steigende Beschäftigung und Arbeitslosigkeit von Frauen über 60 Jahren in Wien drückt sich in einer steigenden Erwerbsquote aus. Die Erwerbsquote, nach der Berechnung durch das BMAW (AMIS Datenbank), zeigt den Anteil an Erwerbspersonen, das heißt Beschäftigte sowie Arbeitslose, an der Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren. Die nächste Grafik verdeutlicht, wie sich im Verlauf der Erwerbsquote der Frauen zwischen 60 und 64 Jahren eine markante Anpassung in Form eines ‚Knicks‘ nach oben zeigt, was auf den Anstieg des Regelpensionsalters zurückzuführen sein dürfte. Durch den längeren Verbleib im Erwerbsleben steigt also das Arbeitskräfteangebot bei Frauen zwischen 60 und 64 Jahren.

Chancen und Herausforderungen für die Arbeitsmarktpolitik

Die Arbeitsmarktzahlen für Wien, die für 2024 bisher vorliegen, weisen auf einen starken Beschäftigungsanstieg bei den älteren Frauen hin. Für Frauen, die länger in Beschäftigung bleiben, können sich positive Auswirkungen auf die Höhe der Pension ergeben, da die Zahl der Versicherungsjahre steigt. Zudem hat das steigende Pensionsantrittsalter das Potenzial, einen hohen Fachkräftebedarf, vor allem in stark frauendominierten Bereichen, abzumildern. Das steigende Pensionsantrittsalter kann jedoch auch zu einer Verlängerung der Erwerbslosigkeit führen. Einige Berufe sind mit steigendem Alter aus gesundheitlichen Gründen zudem schwerer auszuüben. Am Wiener Arbeitsmarkt macht sich das in steigenden Arbeitslosenzahlen von Frauen zwischen 60 und 64 Jahren bemerkbar. Daher wird zunehmend der Bedarf an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die sich gezielt an ältere Frauen richten, steigen.

 

Weiterführende Informationen
Auer, E., & Wach, I. (2024). Effekte der Anhebung des Regelpensionsalters von Frauen bis zum Jahr 2028 auf den österreichischen Arbeitsmarkt. Spezialthema zum Arbeitsmarkt – Jänner 2024. AMS Österreich.
Bundesministerium Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. (2024). Wege des Übertritts in die Pension im Jahr 2022.
Mayrhuber, C., Lutz, H., & Mairhuber, I. (2021). Erwerbsaustritt, Pensionsantritt und Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters ab 2024: Potentielle Auswirkungen auf Frauen, Branchen und Betriebe.

 

Zur Autorin

  • Claudia Spengler arbeitet im Dezernat Wirtschaft der Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien (MA 23).
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  • Alexandra Prinz arbeitet in der Landesstatistik Wien (MA 23).

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