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Industrie 4.0 kommt in die Seestadt

Heute wurde im Technologiezentrum aspern IQ in der Seestadt Aspern die erste Pilotfabrik Österreichs präsentiert und eröffnet. In dieser außergewöhnlichen Fabrik wird die TU Wien künftig gemeinsam mit vielen Unternehmen Produktionstechnologien der Zukunft testen und entwickeln. Im folgenden Beitrag versuchen wir euch zu erklären, was es damit genau auf sich hat und welchen Mehrwert diese Pilotfabrik für die industrielle Zukunft unserer Stadt hat.

 

Zu Beginn: Was heißt Industrie 4.0 überhaupt?

Die Art, wie wir heute Güter herstellen verändert sich gerade grundlegend. In den kommenden Jahren werden wir daher einen tiefgreifenden und vielschichtigen industriellen Strukturwandel erleben. Das Zusammenwachsen von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien mit klassischen Produktionsprozessen wird gänzlich neue Wertschöpfungsmöglichkeiten hervorbringen. Und Wien als Standort, der sowohl über hoch qualifizierte Arbeitskräfte als auch über gut entwickelte komplementäre Bereiche wie die IKT oder Kreativwirtschaft verfügt bietet beste Voraussetzungen diesen Technologiesprung für unseren Produktionsstandort zu nutzen.

Denn eines ist klar: Diese Entwicklung zu verschlafen heißt, dass Mitbewerber auf dem Weltmarkt diese Chance ergreifen werden. Auf Industrie 4.0 zu setzen, ist daher vor allem auch ein Investment in künftige Arbeitsplätze in unserer Stadt! Es bringt aber auch Vorteile für die KundInnen: Sie können in Zukunft maßgeschneiderte bzw. individualisierte Produkte zum Preis von Massengütern erhalten und bedeutet damit eine große Chance für unsere lokale Wirtschaft.

Denn die umfassende Digitalisierung der Produktion wird es künftig ermöglichen, dass alle produktionsrelevanten Faktoren (Mensch in der Produktion, Maschinen, Werkstücke, Anlagen, Zulieferer und Kunden, Produkte und Logistik) aktiv in den Produktionsprozess einbezogen sind und über intelligente Netze miteinander kommunizieren. Damit werden auch Dienstleistungen in der industriellen Produktion immer wichtiger. Die zunehmende Digitalisierung in der Industrie wird oft auch als „vierte industrielle Revolution“ bezeichnet.

Grafik: Die vier industriellen Revolutionen im Zeitstrahl (bmvit)

 

Produziert eine Pilotfabrik eigentlich etwas?

Kurz gesagt: In einer Pilotfabrik findet keine kommerzielle Produktion statt. Die Pilotfabrik ist grundsätzlich ein realitätsnahes Modell einer Fabrik in einem Labor. Es ist demnach keine Miniatur-Fabrik, sondern reale industrielle Maschinen und Logistiksysteme in einer neutralen Test- und Forschungsumgebung. Das alleine birgt schon einige Vorteile für die Industrieunternehmen: Die laufende Produktion ist nicht beeinträchtigt und sie fördert kooperatives Arbeiten. Die Umgebung ist zugänglich und offen für die Unternehmen, ohne die Konkurrenzunternehmen in die eigenen Fabrikhallen einlassen zu müssen. Die Pilotfabrik Industrie 4.0 in Aspern wird vom bmvit auf zwei Jahre finanziert und findet ihre Heimat in den Räumlichkeiten des Entwicklungsgebiets Aspern IQ der Wirtschaftsagentur Wien.

 

Wie wichtig ist das für die Industrie?

Die Wiener Industrie ist ein Impulsgeber für den Wirtschaftsstandort Wien, der mit über 8.500 produzierenden Unternehmen über 170.000 Menschen beschäftigt. Diese Unternehmen stehen im globalen Wettbewerb und die Herausforderungen sind groß: Der Produktionssektor unterliegt einem sehr dynamischen Wandel: Immer mehr Produkte werden in der Sachgüterindustrie nach individuellen Bedürfnissen gefertigt. Das erfordert, dass Systeme vollautomatisch reagieren, wenn KundInnen etwas am Produkt ändern möchten. Die Produktionsanlagen müssen in der Lage sein, auch kleine und kleinste Stückzahlen in ökonomisch effizienter Weise herzustellen und dafür sollen Maschinen ihren Bedarf an Produktionsmitteln selbst ermitteln und wissen, wann eine Wartung oder ein Update ansteht

Foto: Aspern IQ – Ein künftiges Zentrum der vierten industriellen Revolution

 

Und was wird in einer Pilotfabrik gemacht?

Um einen ersten möglichen Irrtum gleich auszuschließen: In einer Pilotfabrik findet keine kommerzielle Herstellung von Produkten statt – sie sind Forschungsinfrastruktur und dienen zur Bildung bzw. Ausbildung. Eine Pilotfabrik dient ausschließlich dazu, neue Technologien zu erforschen, zu entwickeln, zu testen oder zu demonstrieren. Dabei werden Test-Produkte oder Test-Serien hergestellt. Durch die neu erlangten Kenntnisse werden dann die Anlagen in den Fabrikhallen der Unternehmen selbst optimiert.

In erster Linie dient eine solche Pilotfabrik also der realitätsnahen Erprobung und Erforschung von Prototypen, Produktionstechnologien und Produktionsabläufen (zB das Zusammenwirken zwischen Mensch und Maschine bei Unterstützungsrobotern, Maschinenbedienung durch Gesten oder bei der Gestaltung altersgerechter Arbeitsplätze). Gleichzeitig ist eine Pilotfabrik auch eine Testanlage zur Beherrschung von komplexen modernen Fertigungssystemen.

Die Pilotfabrik ist auch eine Umgebung für interdisziplinäre Forschung für Maschinenbau, Mechatronik, Elektrotechnik, Automatisierungstechnik, Informatik und Arbeitswissenschaften und fungiert somit auch als Aus- und Weiterbildungszentrum für Studierende, aber auch der Schulung von Personal aus Gewerbe und Industrie. Ein weiterer Bestandteil dabei sind auch Kooperationen mit Bildungseinrichtungen wie Fachhochschulen, höhere technische Lehranstalten (HTL) und allgemeinen höheren Schulen (AHS), um Jugendliche für die Technologie der Zukunft zu begeistern.

Grafik: Die Eckpunkte der Pilotfabrik Industrie 4.0 in Aspern

 

Warum brauchen wir in Aspern so etwas wie eine Pilotfabrik?

Mit der fortschreitenden Digitalisierung und Vernetzung unserer Lebenswelt kommt es unweigerlich auch zu einer Weiterentwicklung menschlicher Bedürfnisse. Diese werden immer vielfältiger und individueller und um diesen entsprechen zu können, muss sich vor allem auch die industrielle Produktion dieser gesellschaftlichen Entwicklung schnellst- und bestmöglich anpassen. Mit den neuen Entwicklungen verändern sich auch die Berufsfelder auf der ganzen Welt. Sie werden vielfältiger und moderner, manche Berufsfelder werden auch verschwinden, was eine völlig normale Entwicklung ist. Wer kennt denn zum Beispiel noch Berufe wie SchriftsetzerIn, EisschneiderIn oder RohrpostbeamtIn?

Um im Zeitalter der Industrie 4.0 nicht nur bestehen zu können, sondern auch in der weltweiten Spitze dabei zu sein, muss bereits heute die Forschung in der industriellen Produktion vorangetrieben werden. In Aspern eröffnet dafür die erste Pilotfabrik Industrie 2014 Österreichs. Österreich bietet bereits jetzt schon ausgezeichnete Voraussetzungen für solche Pilotprojekte, denn es befindet sich gemeinsam mit Schweden, Deutschland und Irland zu den so genannten „Frontrunnern“ unter den EU-28 in Sachen Industrie 4.0.

Wien ist nicht zufällig der Standort der ersten Pilotfabrik. Unsere Stadt bietet bereits jetzt schon besonders gute Voraussetzungen, um sich österreichweit an die Spitze der vierten industriellen Revolution zu setzen. Wien als Standort, der sowohl über hoch qualifizierte Arbeitskräfte als auch über gut entwickelte komplementäre Branchen (IKT, Kreativwirtschaft) verfügt, bietet beste Voraussetzungen für diese technologische Entwicklung. Gerade im Lichte der EU-Strategie, den Industrieanteil bis 2020 auf 20 Prozent zu steigern, wird die Stadt ihre Anstrengungen verstärken, Wien als modernen Produktionsstandort zu positionieren, was einen großen Eckpunkt in den [Leitlinien der Wiener Wirtschaftspolitik] darstellt.

Informations- & Kommunikationstechnologien

    Wien ist einer der größten IKT-Standorte Europas: 5.800 Unternehmen mit 54.000 Beschäftigten erwirtschaften einen Umsatz von 19 Milliarden Euro

Kreativwirtschaft

    Auch die Kreativwirtschaft hat einen bedeutenden Stellenwert: 16.000 Unternehmen mit 63.000 Beschäftigten erwirtschaften einen Umsatz von 11 Milliarden Euro

 

Wieso wurde gerade der Standort Aspern gewählt?

Die Seestadt ist einer der dynamischsten Stadtteile Wiens und ist ein Ort zum Wohnen und Arbeiten. Verdeutlicht wird das jetzt bereits durch Opel, den Neubau von HOERBIGER, Wien work, die vielen kleinen Geschäfte die bereits geöffnet haben und die Unternehmen im aspern IQ. Die neue Pilotfabrik wird sich auf dem Gelände des aspern IQ befinden – Dem Technologiezentrum, das von der Wirtschaftsagentur für innovative Unternehmen, die Neues im Bereich Technologie erfinden und entwickeln, als Leuchtturmprojekt in der Seestadt errichtet wurde. Aktuell sind hier 15 Unternehmen tätig, 9 weitere nützen das Angebot der Start up Büros. Insgesamt arbeiten im aspern IQ bereits heute 140 Menschen.

Mit dem Demonstrationslabor der researchTUb stellen die Wirtschaftsagentur Wien, die Technische Universität Wien und Aspern3420 eine wichtige und moderne Basis bereit. researchTUb wurde bereits 2009 von der Wirtschaftsagentur Wien, TU Wien und Aspern 3420 gegründet. Das Ziel: Neue Technologien und Innovationen praxisnahe zu testen und anzuwenden. Zusätzlich werden auch Forschungsprojekte koordiniert. Damit ist researchTUb die ideale Basis für die Pilotfabrik, bestehende Maschinen Maschinen und Installationen werden daher übernommen: z.B. 3D-Drucker oder Drehmaschinen. Darauf ausbauend die Wiener Wirtschaftsagentur bis 2017 auf dem Gelände vor dem Aspern IQ eine Fabrikshalle errichten, in der die Pilotfabrik beheimatet sein wird.

 

Welche Unternehmen beteiligen sich an der Pilotfabrik in Aspern?

Bereits jetzt haben 22 Unternehmen die Attraktivität der österreichweit ersten Pilotfabrik und des Standorts in Aspern erkannt und beteiligen sich bzw. finanzieren die Pilotfabrik mit.

Atos Bosch Rexroth Copa Data EMCO Evolaris
Festo GGW igm Jungheinrich Kellner & Kunz
Logcom Memex Phoenix Contact plasmo SAP Österreich
Siemens Siemens PLM Texxmo Trilogiq Würth Austria
Zetes Austria Zoller

 

Gibt es anderswo auch schon solche Pilotfabriken?

Die vierte industrielle Revolution steht bereits vor der Tür. Andere Länder haben diese Entwicklung ebenso rechtzeitig erkannt und auch Pilotfabriken etabliert. Deutschland hat bereits über 10 Lern- und Demonstrationsfabriken:

  • 3 Pilotfabriken als „Forschungscampus“ – eine davon beim DLR in Stuttgart
  • Smart Factory des DFKI
  • 3 Fraunhofer-Demofabriken
  • Fabriken der TU Darmstadt, TU Braunschweig und der Uni Bochum
  • Smart Factory OWL entsteht derzeit

Die USA haben ebenfalls drei Pilotfabriken als „Innovationsinstitute“ eingerichtet. Insgesamt sind 15 Innovations-Institute in den USA geplant.

 

Was macht die Stadt sonst noch in puncto Industrie?

Die Stadt Wien bekennt sich mit dem Standortabkommen unter dem Titel „Wien: Stadt der Zukunft – Stadt der Industrie“ zur Stärkung der Industrieunternehmen in Wien und fasst zahlreiche Maßnahmen und Projekte zusammen. Neben abgeschlossenen und aktuell laufenden Maßnahmen umfasst das Abkommen eine Anzahl von 50 neu definierten Projekten und Handlungsfeldern

Im Rahmen von Wettbewerben und laufenden Förderprogrammen hat die Wirtschaftsagentur Wien allein in den letzten fünf Jahren über 300 Projekte von produzierenden Unternehmen mit 35 Millionen Euro gefördert. Heuer wurde mit dem Förderwettbewerb „ Pro Industry“ ein Schwerpunkt im Bereich Industrie 4.0 gesetzt und die Resonanz war beeindruckend. Die Unternehmen haben sich mit rund 50 Projekten beworben, 16 wurden gefördert. Darunter Leitbetriebe wie Manner, Isi, Bombardier, Kapsch aber auch innovative Durchstarter wie Crystalline Mirror Solutions, die im aspern IQ eine einzigartige Spezialoptik für die Forschung entwickeln oder Cubicure GmbH, ein Spin-Off der TU Wien, das den „werkzeuglosen Spritzguss“ und damit 3D-Druck für die Massenproduktion erforscht.

 

Weiterführende Links

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Standortabkommen Wien
Wirtschaftsagentur Wien
Aspern IQ
researchTUb

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