…und was Sie schon immer über die Vornamen der Wienerinnen und Wiener wissen wollten
#wieninzahlen-Chart Story #7 (01/2020)
Pünktlich zu Jahresbeginn veröffentlicht die Wiener Landesstatistik die beliebtesten Babyvornamen der vergangenen zwölf Monate. Auf den Stockerlplätzen fanden sich 2019, fast wie im Vorjahr, Sara, Sophia und Anna bzw. Alexander, David und Maximilian. Diesmal bieten wir aber viel mehr: wichtige Trends (Matteo und Sophia im Kommen!), Analyse der Kreativität der Eltern als Namensgeber (gemischte Bilanz) und das „Alter“ der Vornamen in Wien (Adolf und Elfrieda vs. Emilia und Ella) – inkl. erweiterte Rohdaten zum Stöbern. Die Vornamensstatistik hat dennoch ihre Grenzen.
Beliebteste Babynamen 2019 (vorläufig): Alexander und Sara
Die Statistik Wien wertet Vornamen auf zwei verschiedene Arten aus: nach der exakten Schreibweise und nach Aussprache. Bei der ersten Variante sind Sara und Sarah oder Alexander und Aleksandar unterschiedliche Namen; bei der zweiten Methode zählen sie als derselbe Name. (Weiters kann man noch, wie die Statistik Austria, nach der Bedeutung des Namens zusammenfassen.)
Nach Aussprache lagen 2019 Sara, Sophia und Anna bzw. Alexander, David und Maximilian vorne. Seit 2010 haben es diese Namen stets in die Top-6 geschafft, für einige von ihnen scheint die Hochphase jedoch vorbei zu sein (unten mehr dazu…). Alle Ergebnisse 2019 finden Sie hier.
Grafik (Sankey-Diagramm): Babyvornamen Wien 2019, Buben (vorläufige Daten) – Rohdaten
Im Sankey-Diagramm zeigen wir für Mädchen und Buben, aus welchen Schreibweisen sich die Top-10 Namen nach Aussprache zusammensetzen. Diese Art der Darstellung von „Mengenflüssen“ wird in den Medien vor allem zur Wählerstromanalyse verwendet. In unserem Fall heißt das: 182 Mädchen werden Sara gerufen; in der Geburtsurkunde heißen 108 von ihnen Sara, 68 Sarah und 6 Sahra.
Grafik (Sankey-Diagramm): Babyvornamen Wien 2019, Mädchen (vorläufige Daten) – Rohdaten
Die Visualisierungen machen deutlich, dass einige beliebte Namen viele verschiedene Schreibweisen haben. Würde man nur nach dieser exakten Schreibweise auswerten, hätten es diese populären Namen nicht in die vordersten Ränge geschafft: Hannah, Clara, Muhammed, Matteo, Filip, Luis und Luka.
Neu in den Top-10 der Mädchen sind Lea und (erstmals seit 2010) Clara, bei den Burschen Luka und (erstmals seit 2010) Luis. Letzterer hat besonders stark zugelegt: von Platz 21 im Jahr 2018 auf Platz 9 2019. Weitere Daten finden Sie auf statistik.wien.gv.at.
Hintergrundinfo: Vorläufige und endgültige Vornamensstatistik
- Die vorläufige Vornamensstatistik beruht auf Daten des Zentralen Melderegisters: Für unsere Auswertungen haben wir die Vornamen der Kinder betrachtet die im Jahr 2019 geboren wurden und am 1.1.2020 in Wien gemeldet waren. Dies bringt unvermeidbare Unschärfen mit sich: Zum einen fehlen Kinder, die knapp vor dem Jahreswechsel 2019/2020 geboren und von ihren Eltern bis zum 1.1.2020 noch an keinem Wohnsitz angemeldet wurden. Zudem ist die (offizielle) Erhebungsmethode der Statistik Austria leicht anders, bei der alle Kinder von in Wien gemeldeten Müttern als Wiener Geburten zählen (egal wo sie später wohnen). Für beide Auswertungen ist nicht relevant, wo die Kinder zur Welt gekommen sind. Die endgültigen Daten werden von der Statistik Austria erst im Juni bereitgestellt – wir aktualisieren dann auf ihrer Grundlage auch unsere Zahlen.
Welche Namen liegen in den Bezirken vorne?
Zwischen den Bezirken unterscheiden sich die beliebtesten Vornamen deutlich und spiegeln die ethnische und kulturelle Zusammensetzung der Bevölkerung wider. Seltene oder ungewöhnliche deutsche Namen wie Luis, Leonhard, Leopold, Olivia oder Frida liegen vor allem in den westlichen Innenbezirken (inkl. 18.) vorne. In den Bezirken mit hohem Anteil migrantischer Bevölkerung führen Muhammed, Sara und Sophia oft das Rennen an. In den anderen Gegenden dominieren bei den Mädchen Anna, Sophia und Sara und bei den Buben David und Alexander („bürgerliche Bezirke“) bzw. Leon und andere (ehemalige Arbeiterbezirke).
Tabelle: Häufigste Babyvornamen 2019 in den Wiener Bezirken (vorläufige Daten)
Bezirk | Buben | Mädchen |
---|---|---|
1. Innere Stadt | Theodor | Anna |
2. Leopoldstadt | Felix | Anna |
3. Landstraße | Alexander | Sophia |
4. Wieden | Alexander | Sophia |
5. Margareten | Noah | Emilia |
6. Mariahilf | Konstantin / Leonhard / Theo | Emilia / Frida / Mia / Sara |
7. Neubau | Leopold | Anna / Olivia |
8. Josefstadt | Valentin | Hannah |
9. Alsergrund | Arthur / Leopold / Moritz | Sophia |
10. Favoriten | Muhammed | Sara |
11. Simmering | Luka | Sara |
12. Meidling | Fabian / Leon | Anna |
13. Hietzing | David | Clara |
14. Penzing | David | Sara / Sophia |
15. Rudolfsheim-Fünfhaus | Muhammed | Sophia |
16. Ottakring | Filip | Sara |
17. Hernals | Konstantin | Lea |
18. Währing | Konstantin / Luis | Johanna |
19. Döbling | Alexander | Hannah |
20. Brigittenau | Muhammed | Sophia |
21. Floridsdorf | Leon / Luis / Matteo | Sara |
22. Donaustadt | Noah | Anna / Sophia |
23. Liesing | Leon / Maximilian | Sara |
2010er-Jahre im Zeichen von Sara und Alexander
Das Interesse an den Wiener Babyvornamen ist sehr groß – wenige Seiten auf statistik.wien.gv.at haben mehr Zugriffe. Daher haben wir auf Basis der endgültigen und offiziellen Daten der Statistik Austria aus den Jahren 2010 bis 2018 weitere Auswertungen vorgenommen.
Die fünf beliebtesten Namen der 2010er-Jahre (ohne 2019, nach Aussprache) waren in dieser Reihenfolge Sara, Sophia, Anna, Sophie und Emilia bzw. Alexander, David, Maximilian, Filip, Muhammed. Für die meisten dieser Spitzenreiter ging es in den letzten Jahren bergab. Sophia und Emilia legen zu; Anna, Sophie (nach einem Höhenflug) bzw. Maximilian und Muhammed stagnieren.
Dabei sollte man nicht übersehen: Selbst die häufigsten Namen haben (meistens) nicht mehr als 2 % neugeborene Trägerinnen und Träger, was je Geschlecht etwa 200 Babies pro Jahr entspricht. Der Name Muhammed, der vor zwei Jahren heftige mediale Diskussionen auslöste, erreichte mit jährlich 1,2 bis 1,4 % der Buben Platz 5 in der ablaufenden Dekade. Trotzdem gibt es insgesamt eine starke Tendenz der Eltern, ihrem Kind einen Top-Namen zu geben (siehe unten „Kreativität“).
Welche Namen liegen im Trend, welche lassen nach?
Um herauszufinden, welche Namen im Trend liegen (oder vom Abstieg betroffen sind), haben wir die Daten der Jahre 2010 und 2019 verglichen. Am meisten zugelegt haben seit 2010 Sophia, Emilia, Emma, Charlotte und Elena bzw. Theodor, Matteo, Omar, Noah und Adam.
Am meisten Marktanteile verloren haben dagegen Sara, Leonie, Julia, Vanessa und Katharina bzw. Alexander, Daniel, Lukas, David und Sebastian. Fast alle diese Namen feierten in den letzten zehn Jahren Hochkonjunktur und schafften es mehr oder weniger oft in die Top-10. Mit dem Ende der Trends sinken auch die Zahlen der Träger.
5.000 verschiedene Babyvornamen – kreative Eltern?
Auf den ersten Blick ist die Vielfalt der Wiener Babyvornamen sehr groß: Die rund 20.000 Neugeborenen pro Jahr erhalten etwa 5.000 verschiedene Vornamen (nach Aussprache), Tendenz in den letzten Jahren steigend. Bei genauer Betrachtung relativiert sich der Eindruck ein wenig: Die „obere“ Hälfte der kleinen Wienerinnen und Wiener teilt sich zusammen nur ca. 200 Namen – die andere Hälfte dagegen gut 4.700 Namen. Die Top-10 Namen entfallen jedes Jahr auf 12 bis 15 % der Wiener Babies.
Alte und junge Vornamen in Wien: Elfrieda vs. Eymen
Doch abgesehen von den Babies: Wie sieht es mit den Vornamen aller Wienerinnen und Wiener aus? Wir haben für jeden Namen das mediane Geburtsjahr sowie das Medianalter berechnet, um mehr über langfristige Trends zu erfahren (der Median ist, wie der Durchschnitt, ein Mittelwert). Vornamen mit weniger als 100 Trägern/Trägerinnen wurden nicht berücksichtigt.
Grafik: Älteste Vornamen in Wien – Rohdaten mit allen Namen
Das Median-Geburtsjahr von Herta war zuletzt z. B. 1940. Das bedeutet, dass eine Hälfte der Wiener Hertas vor dem 1.1.1940, die andere danach geboren wurde. Da die Vornamensgebung gesellschaftlichen Moden unterworfen ist und sich die Bevölkerungszusammensetzung Wiens stark gewandelt hat, überraschen die großen Unterschiede zwischen jüngsten und ältesten Namen nicht: 1934 (Elfrieda) vs. 2016 (Eymen).
Zu den „alten Vornamen“ zählen daher Wiener Klassiker wie Franz, Johann, Rudolf, Getrude, Herta, Hildegard und Hermine. Welche Auswirkung die gesellschaftspolitische Lage auf Namenstrends haben kann, verdeutlichen Adolf (1940) und Adolfine (1938): Nach 1945 spielten diese beiden Namen bei den Neugeborenen keine wichitge Rolle mehr, davor erfreuten sie sich für einige Jahre großer Beliebtheit.
Grafik: Jüngste Vornamen in Wien – Rohdaten mit allen Namen
Die „jungen Vornamen“ reflektieren die (ethnische) Vielfalt der Wiener Bevölkerung, die in den letzten Jahren zugenommen hat: Neben exotischen und „altmodischen“ finden sich auch viele Namen der großen Wiener Migrantengruppen.
Die Häufigkeit und das Medianalter Ihres Namens finden Sie in den erweiterten Rohdaten dieser Chart Story!
Anna feiert großes Comeback, die anderen altern
Schließlich haben wir noch ausgewertet, wie sich das Medianalter der 20 häufigsten Vornamen der Wienerinnen und Wiener seit 2010 entwickelt hat. Die Übersicht zeigt gut die beliebtesten Vornamen der unterschiedlichen Generationen. Derzeit führen unter allen Wienern Maria, Anna und Elisabeth bzw. Michael, Alexander und Christian die Rangliste an; zwei dieser Namen finden sich auch bei den Neugeborenen regelmäßig unter den drei häufigsten (siehe oben).
Grafik: Alter der häufigsten männlichen Vornamen – Rohdaten mit allen Namen
Fast alle Top-20-Namen wurden zwischen 2010 und 2019 um 5 bis 10 Jahre älter. Es handelt sich vor allem um die Klassiker, die zu bestimmten Zeiten sehr populär waren, jetzt aber bei Jung-Eltern kaum noch in Gebrauch sind, wie Johann, Franz, Karl, Robert oder Michael bzw. Helga, Christine, Renate, Elisabeth oder Eva. Auch weiterhin populäre Babyvornamen wie Alexander, Philipp, Sarah oder Julia wurden älter, da nicht genug Namensvetter und Namensschwestern nachkommen, um sie jung zu halten.
Grafik: Alter der häufigsten weiblichen Vornamen – Rohdaten mit allen Namen
Einige Top-20-Namen widersetzen sich der Alterung: Die Mohammads (-2 Jahre), Marias (-1 Jahr) und Annas (-18 Jahre) wurden zwischen 2010 und 2019 im Schnitt jünger. Warum gerade Anna so stark? Vermutlich, weil der Name zurzeit ein Comeback erlebt und daher alt und jung zugleich ist: Er war früher sehr beliebt und dann einige Jahrzehnte nicht, was zum Anstieg des Medianalters führte. Jetzt boomt Anna wieder bei Eltern (siehe oben) und verjüngt sich so.
Vornamenstatistik: beliebt, unterhaltsam, aber nicht immer das richtige Werkzeug
Vornamen sind ein interessanter Spiegel der Zeit: die 2010er-Jahre werden in Wien wohl als Dekade der Alexanders, Davids, Maximilians, Saras, Annas und Sophias in die Geschichte eingehen. So, wie die Epoche unserer (Ur-)Ur-Großeltern vor 100 Jahren für viele Maries, Annas, Rosalies, Karls, Josefs und Franzs bekannt ist.
Das öffentliche Interesse an den Namen ist enorm und wird wohl nicht abflauen. Nicht zuletzt Jungeltern erfahren anhand der Auswertungen über Trends und können ihnen folgen oder ausweichen. Das Alter von Namen zu vergleichen ist (zumindest für uns Statistiker) sogar recht unterhaltsam. Trotzdem bemerken wir die Neigung, die Namensstatistiken überzubewerten und als Ersatz für andere, eigentlich wichtige Statistiken zu verwenden.
Versucht man, einen Nagel mit einem Schraubenzieher in die Wand zu hauen, führt dies in der Regel (und nur im Trockenbau) zu mäßigem Erfolg. In der Statistik ist es ähnlich, um ein viel gebrauchtes Beispiel anzuführen: Ein Stockerlplatz eines bekannten ausländischen Vornamens ist vielleicht ein vager Hinweis auf ethnische Vielfalt der Neugeborenen. Um diese Vielfalt und ihre Veränderung über die Zeit zu erfassen, gibt es aber geeignete Daten, die speziell für diesen Zweck erhoben und ausgewertet werden; zum Beispiel die Wanderungsstatistik, die Bevölkerungsstatistik nach Herkunft, die Religionsstatistik usw. Wir appellieren daher, von dem breiten und seriösen Datenangebot der Statistik Austria, der Wiener Landesstatistik und Eurostat sowie Open Government Data (OGD) Gebrauch zu machen – und den Nagel mit dem Hammer (anstatt dem Schraubenzieher) einzuschlagen.
Weiterführende Informationen
Erweiterte Rohdaten dieses Beitrags im Excel-Format
Vornamensstatistik der Stadt Wien seit 2010 (inkl. Open Government Data)
Warum die Vornamenslisten der Stadt Wien kein Skandal sind (November 2017)
Stadt Wien stellt Babyvornamensstatistik neu auf: Von exakten Schreibweisen, Phonetisierung und dem geeigneten Werkzeug (Jänner 2018)
2 Kommentare
Wann wurde ein Bub in Wien zuletzt Adolf getauft?
Brauche die Antwort nur für eine Debatte.
Sehr geehrter Herr Brazda,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Die Statistik Austria hat eine interaktive Applikation entwickelt, mit dem man die Häufigkeit von einzelnen Vornamen nach Geburtsjahr und Bundesland / politischer Bezirk recherchieren kann: https://www.statistik.at/atlas/vornamen.
Zwischen 2015 und 2019 wurde kein Wiener Neugeborenes Adolf genannt. Die Daten zu 2020 werden von der Statistik Austria Mitte dieses Jahres in die Applikation eingespielt.
Mit besten Grüßen
das Team der Wiener Landesstatistik