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Die Stadt Wien steht künftiger AMS-Segmentierungspraxis skeptisch gegenüber

Wie aus den Medien zu entnehmen war, hat Bundesministerin Beate Hartinger-Klein das AMS mit der flächendeckenden Einführung einer „personalisierten Arbeitsmarktbetreuung“ ab 2020 beauftragt – der so genannten Segmentierungsstrategie. Diese ist bereits in Umsetzung, obwohl noch zahlreiche Fragen völlig offen sind. Die Wiener Stadträte Peter Hacker und Peter Hanke haben nun einen offenen Brief an die Bundesministerin geschrieben, um genau diese offenen fragen zu thematisieren.

Basis dafür soll ein Algorithmus sein, der arbeitslose Menschen in drei Gruppen kategorisiert:

  • Segment A: Sehr gute Integrationschancen mit keinem oder geringen Unterstützungsbedarf
  • Segment B: Mittlere Integrationschancen mit zusätzlich notwendiger Unterstützung
  • Segment C: Geringe Integrationschancen

Für Menschen im Segment C soll es zukünftig weder die Möglichkeit zur Beschäftigung in sozialökonomischen Betrieben noch zur Qualifizierung geben. Ebenso soll die Unterstützung durch Beraterinnen und Berater des AMS eingeschränkt werden. Ihnen sollen lediglich „andere Betreuungsformen“ zur Verfügung stehen.
 

Neue Segmentierungspraxis könnte schwerwiegende Folgen für Wiener Arbeitslose haben

Obwohl die so genannte „personalisierte Arbeitsmarktbetreuung“ erst in die Praxis umgesetzt werden soll, ist die Segment-Zuteilung der Personen auf Basis dieses Algorithmus bereits erfolgt. Für Wien ergibt sich folgende Verteilung:

  • Segment A: Rund 3.800 Personen (3 Prozent)
  • Segment B: Rund 74.000 Personen (53 Prozent)
  • Segment C: Rund 61.000 Personen (44 Prozent)

Mehr als 35.000 Bezieherinnen und Bezieher der bedarfsorientierten Mindestsicherung fallen in eine der drei Kategorien – davon rund 21.000 in das „Segment C“. Das AMS Wien hat bereits mit den Vorbereitungen der Vollumsetzung der Segmentierungsstrategie begonnen, dabei soll das bisherige Maßnahmenangebot je nach Segment zugeteilt werden: ganz konkret werden Arbeitsplätze in Beschäftigungsmaßnahmen – die auch von der Gemeinde Wien mitfinanziert werden – für das C-Segment gekürzt bzw. durch so genannte Trainingsplätze ersetzt. Zusätzlich können alle Beraterinnen und Berater des AMS schon mit diesem Monat einsehen, in welches Segment die jeweiligen Kundinnen und Kunden in Zukunft fallen werden (ab 19.11.2018 soll der Algorithmus ins System eingespielt sein), ohne dass es klare Handlungsanweisungen für die MitarbeiterInnen gibt, was sie mit dieser Information machen sollen. Obwohl die Vollumsetzung erst 2020 geschehen soll, wird das heute schon reale Auswirkungen auf die Beratungspraxis und damit auch auf das jeweilige Betreuungsangebot haben. Die Gemeinde Wien befürchtet, dass dies heute schon die Situation von Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit bzw. in der Mindestsicherung dauerhaft fortschreiben und manifestieren wird.
 

Viele Fragen noch offen, obwohl Segmentierungspraxis zum Teil heute schon angewendet werden kann

Für die Gemeinde Wien ist es unverständlich, wie durch diese neue Segmentierungspraxis einerseits die Effizienz der aktiven Arbeitsmarktpolitik gesteigert wird, obwohl beinahe 120.000 arbeitslose Menschen in Österreich damit dauerhaft dem Schicksal der Arbeitslosigkeit oder einem Dasein in der Mindestsicherung überlassen werden. Als betroffene Verantwortungsträger der Gemeinde Wien sind wir jederzeit gerne bereit, in eine sachliche und faktenbasierte Diskussion zu treten. Unsere Beurteilung wird sich nach dem inhaltlichen Gehalt der vorliegenden Fakten richten. In diesem Sinne haben die Stadträte Peter Hanke und Peter Hacker folgende Fragen an die Bundesministerin gestellt:

  1. Gibt es – vor dem Hintergrund der bereits angelaufenen Umsetzungsaktivitäten des AMS – bereits quantifizierte Zielvorgaben an das AMS? Konkret: Wie viele Personen aus dem C-Segment sollen – spätestens ab 2020 – mittels „anderer Betreuungsformen“ in Beschäftigung gebracht werden?
  2. Gibt es bereits konkrete Pläne des AMS, wie diese „anderen Betreuungsformen“ ausgestaltet sein sollen? Liegen dazu bereits Beschlüsse der zuständigen Organe des AMS vor?
  3. Wie hoch werden die finanziellen Mittel sein, die zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von Arbeitslosen aus dem C-Segment dienen?
  4. Können Sie garantieren, dass dem AMS für die Vermittlung von Kundinnen und Kunden aus dem C-Segment mindestens gleich hohe Mittel zur Verfügung stehen werden, wie das auch bisher der Fall war?
  5. Können Sie garantieren, dass den Kundinnen und Kunden des AMS, die dem C-Segment zugeordnet werden, die Gründe für diese Zuordnung transparent offengelegt werden? Können Sie garantieren, dass auf Basis dieses Befundes ein Weg zur Beseitigung der Vermittlungshandicaps vereinbart wird? Wird es dafür ausreichende Beratungszeit und damit ausreichende Personalressourcen im AMS geben?
  6. Können Sie garantieren, dass Personen im C-Segment auf deren ausdrücklichen Wunsch ohne Einschränkungen in das B-Segment übertreten und die dafür vorgesehenen Unterstützungsangebote – insbesondere geförderte Beschäftigung und Qualifizierung – in Anspruch nehmen können? Gibt es dazu bereits entsprechende Dienstanweisungen an die Beraterinnen und Berater des AMS? Falls nein: Sind solche in Planung?
  7. Sollte eine dieser Fragen mit „Nein“ beantwortet werden: Werden die Landesorganisationen des AMS bereits eingeleitete und geplanten Umsetzungsschritte beenden bzw. pausieren können, bis alle organisatorisch und finanziell offenen Fragen geklärt sind? Können Sie zumindest garantieren, dass bis zur endgültigen Klärung alles unternommen wird, um die Arbeitsmarktchancen von Menschen mit größeren Vermittlungsproblemen nicht weiter beeinträchtigt werden? Werden Sie dazu konkrete Vorgaben machen?

 

Service: Downloads

Offener Brief von Peter Hacker und Peter Hanke an Sozialministerin Hartinger-Klein

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