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Gender Pay Gap in Wien

von Katharina Jäger und Maximilian Mayerhofer

Trotz der positiven Entwicklungen der letzten Jahrzehnte verdienen erwerbstätige Frauen in Österreich im Schnitt nach wie vor deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Dabei bestehen zum Teil große Unterschiede innerhalb Österreichs, wobei Wien den geringsten Gender Pay Gap aufweist. Basierend auf dem Pay Gap wird auch der Equal Pay Day berechnet und regelmäßig sowohl für das Frühjahr als auch den Herbst veröffentlicht. In beiden Fällen sagt der Equal Pay Day jedoch dasselbe aus: die Anzahl an Tagen im Jahr, die eine Frau länger arbeiten müsste, um das Einkommen eines Mannes zu erzielen.

Gender Pay Gap, was ist das?

Der Gender Pay Gap bezeichnet den Unterschied im Einkommen zwischen Frauen und Männern. Üblicherweise wird er als prozentueller Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von unselbstständig beschäftigten Frauen und Männern, gemessen am Einkommen der Männer, berechnet. Im Gegensatz zum Nettolohn bildet der Bruttolohn das Einkommen vor Abzug aller Abgaben (Steuern, Sozialversicherung etc.) ab und beinhaltet damit noch keine Umverteilung durch den Staat, etwa durch Transferzahlungen. Für die Gesamtheit aller ArbeitnehmerInnen in Österreich lag der Gender Pay Gap 2020 bei 33,9 %. Werden jedoch nur jene ArbeitnehmerInnen berücksichtigt, die auch ganzjährig sowie in Vollzeit beschäftigt sind, sinkt der Gap auf 17,1 %. Der Pay Gap wird kleiner, weil Frauen bspw. deutlich öfter in Teilzeit arbeiten und dadurch auch häufig weniger verdienen. Werden also nur Beschäftigte in Vollzeit mit einer ganzjährigen Anstellung berücksichtigt, verdienen Frauen österreichweit durchschnittlich rund 17,1 % weniger als Männer.

Vergleicht man die Bundesländer untereinander so fällt auf, dass der Gender Pay Gap für Vollzeit- und Ganzjahresbeschäftigte im Westen Österreichs tendenziell höher ausfällt als im Osten. Vorarlberg hat mit 24,7 % den höchsten Gap innerhalb des Landes, gefolgt von Oberösterreich mit 21,1 %. Auf der anderen Seite ist Wien mit einem Gap von 12 % das Bundesland mit dem niedrigsten Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern. Einer der Erklärungsgründe könnte auch die gut ausgebaute Bildungs- und Kinderbetreuungsinfrastruktur in Wien sein, welche Frauen die Teilhabe am Arbeitsmarkt erleichtert. Aber auch strukturelle Faktoren wie ein großer Anteil an Berufen mit hohem Qualifikationsniveau oder der Beschäftigung im öffentlichen Bereich (in dem der Pay Gap in der Regel deutlich geringer ausfällt) spielen eine Rolle.

Woher kommt der Pay Gap?

Der Pay Gap kann grundsätzlich in zwei Teile zerlegt werden, einen erklärbaren und einen unerklärbaren Teil. Der erklärbare Teil des Gaps kann auf Merkmale wie die Berufswahl, die Arbeitserfahrung oder das gearbeitete Stundenausmaß zurückgeführt werden. Frauen verdienen demzufolge weniger, weil sie beispielsweise in geringer bezahlten Berufen tätig sind oder in Teilzeit arbeiten. Wird dieser erklärbare Teil vom gesamten Gender Pay Gap abgezogen, bleibt der unerklärbare Teil zurück, der auch als bereinigter Gender Pay Gap bezeichnet wird. Der bereinigte Gender Pay Gap kann nicht mehr durch beobachtbare Merkmale erklärt werden und wird daher als „Diskriminierung“ interpretiert.
Die Idee hinter der Bereinigung ist, Frauen und Männer mit möglichst ähnlichen Eigenschaften zu vergleichen, um so jenen Teil des Lohnunterschieds zu ermitteln, der nur auf die Tatsache des unterschiedlichen Geschlechts zurückzuführen ist. Beim bereinigten Gender Pay Gap gibt es zum Teil sehr unterschiedliche Ergebnisse für Österreich (z. B. hier oder hier), was vor allem an der Anzahl und Auswahl der Merkmale liegt, die in die Berechnung miteinfließen („um die bereinigt wird“). In der Diskussion führt das oftmals zu Verwirrung, weshalb es wichtig ist, zwischen der Berechnungsmethode, dem Einkommensbegriff und der verwendeten Datengrundlage zu differenzieren. Dabei ist keine Herangehensweise richtiger als die andere, es werden lediglich unterschiedliche Aspekte beleuchtet. Fest steht jedoch, dass mit der Anzahl der in die Berechnung miteinbezogenen Merkmale auch die ermittelte Lohnlücke sinkt.

Eine solche Bereinigung um beobachtbare Faktoren bedeutet jedoch nicht automatisch, dass der Lohnunterschied auch gerechtfertigt wäre. Nicht selten stehen beispielsweise selbst hinter dem bereinigten Pay Gap benachteiligende Strukturen am Arbeitsmarkt (z. B. Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen aufgrund von schwieriger Vereinbarkeit von Beruf und Familie) oder gesellschaftliche Rollenbilder (z. B. die Aufteilung unbezahlter Arbeit, die während der Corona-Krise besonders sichtbar wurde), die dann etwa zu Erwerbsunterbrechungen oder Teilzeitarbeit unter Frauen und damit zu einem Lohnunterschied führen. Untersuchungen zeigen auch, dass ein steigender Frauenanteil in männlich dominierten Branchen den Durchschnittslohn der Branche senkt, also selbst mit der Wahl eines höherbezahlten Berufs nicht automatisch ein Absinken des Pay Gap verbunden sein muss. Auch der bereinigte Gender Pay Gap kann damit grundsätzlich Formen der Diskriminierung enthalten.

Der Gap innerhalb Wiens

Die Einkommensdaten lassen auch tiefgliedrige Auswertungen zu, beispielsweise den Blick auf die Wiener Gemeindebezirke. Auffällig ist dabei die enorme Spreizung innerhalb Wiens: so finden sich die größten Lohnunterschiede (Vollzeit und ganzjährige Beschäftigung) zwischen den Geschlechtern in der Inneren Stadt (31,4 %) und Döbling (24,2 %), während der kleinste Gender Pay Gap in Brigittenau (3,8 %) bzw. Rudolfsheim-Fünfhaus (5 %) vorliegt.

Zudem zeigt sich, dass Bezirke mit höherem Durchschnittseinkommen auch einen höheren Pay Gap aufweisen. Der erste Bezirk ist dabei weit abgeschlagen vom Rest mit einem jährlichen Brutto-Durchschnittseinkommen von 96.000 Euro und einem Gender Pay Gap von 31,4 %. In den Flächenbezirken (bspw. dem 10., 11. und 12.) sind sowohl das Durchschnittseinkommen als auch der Pay Gap tendenziell niedriger. Der Grund für die starke Spreizung innerhalb Wiens liegt zum einen darin, dass in den einkommensstarken Bezirken vergleichsweise mehr männliche Höchstverdiener an der Spitze der Einkommensverteilung zu finden sind. Zum anderen verdienen in Bezirken mit niedrigem Einkommensniveau Männer stärker unter dem Durchschnitt als Frauen. Beides führt im Ergebnis zu einer deutlichen Spreizung des Gender Pay Gap innerhalb Wiens.

Vom Pay Gap zum Pay Day

Der Gender Pay Gap stellt die Grundlage für die Berechnung des „Equal Pay Day“ dar. Der Equal Pay Day wird jährlich sowohl für das Frühjahr als auch den Herbst berechnet, wobei beide Berechnungen trotz kleiner konzeptioneller Unterschiede dasselbe aussagen. Da unsere Berechnungen regelmäßig für den Herbst erfolgen, gibt der Equal Pay Day im Herbst jenen Tag im Jahr an, an dem Männer schon so viel verdient haben, wie Frauen im gesamten Jahr verdienen. Das Konzept des Equal Pay Day dient damit der Veranschaulichung des Pay Gap und versucht so, ihn greifbar zu machen. Je früher der Equal Pay Day im Herbst, desto größer der Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern.

Bundesland Equal Pay Day Herbst 2022
Vorarlberg 2. Oktober
Oberösterreich 15. Oktober
Tirol 18. Oktober
Salzburg 21. Oktober
Steiermark 26. Oktober
Niederösterreich 28. Oktober
Österreich 30. Oktober
Kärnten 30. Oktober
Burgenland 2. November
Wien 18. November

Datenquelle: Statistik Austria, Lohnsteuerstatistik 2020

Analog zum Pay Gap zeigt der Bundesländervergleich, dass der Equal Pay Day bei Vollzeit- und Ganzjahresbeschäftigten in Wien mit 18. November 2022 am spätesten anfällt. Frauen müssten in Wien demnach noch weitere 1 ½ Monate arbeiten, um auf das Einkommen der Männer zu kommen. Auf der anderen Seite haben Vorarlberg (2. Oktober 2022) und Oberösterreich (15. Oktober 2022) den frühesten Equal Pay Day. Das bedeutet, dass Frauen in den beiden Bundesländern rund 2 ½ bzw. 3 Monate länger arbeiten müssten, um dasselbe Einkommen wie ihre männlichen Kollegen zu erzielen.

Fazit

Der Gender Pay Gap und der darauf aufbauende Equal Pay Day legen dar, dass auch 2022 noch deutliche Unterschiede im Verdienst zwischen Männern und Frauen existieren. Innerhalb Österreichs zeigt sich ein Gefälle zwischen dem Osten und Westen, wobei der Pay Gap im Westen tendenziell höher ausfällt. Mit einem Gap von 12 % verzeichnet Wien den niedrigsten Lohnunterschied zwischen Vollzeitbeschäftigten in Österreich (17 %), weshalb auch der Equal Pay Day mit 18. November am spätesten ausfällt.

Positiv lässt sich jedenfalls festhalten, dass der Gender Pay Gap in den letzten 20 Jahren in Wien (und Österreich) einem kontinuierlichen Abwärtstrend unterzogen war, sich die Einkommen der Männer und Frauen also sukzessive angenähert haben (Vgl. Wien / Österreich 2002: 28,4 % / 31,5 %). Das ist erfreulich, jedoch kein Automatismus. Deshalb sollte auch in Zukunft weiterhin der Ausbau von öffentlicher Infrastruktur vorangetrieben und Investitionen gerade im Pflege-, Bildungs- und Kinderbetreuungsbereich vorgenommen werden. Die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen ließe sich zudem durch positive Anreizsysteme erhöhen, etwa bei der Aufteilung von Elternkarenzzeiten. Auch die Aufwertung von klassischen „Frauenberufen“ wie etwa der Pflege sowie eine Steigerung des Männeranteils spielen eine wichtige Rolle. Schlussendlich kommen kluge öffentliche Investitionen allen WienerInnen zugute und bieten zugleich die Möglichkeit, der Einkommensgleichstellung zwischen den Geschlechtern ein Stück näher zu kommen.

 
Copyright Illustration zu Beginn: Victoria Bogensperger / CQUENCE Gmbh

 

Zu den Autorinnen und Autoren

  • Katharina Jäger studiert an der Wirtschaftsuniversität Wien und war Verwaltungspraktikantin in der Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien (MA 23).
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  • Maximilian Mayerhofer arbeitet im Dezernat Wirtschaft der Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien (MA 23).

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