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Gurkenkönig, Berge aus Mist und 220 U-Bahn-Züge voller Kinder: Was ist eigentlich Statistik?

Neun Fragen und Antworten, was und warum in Wien gezählt wird

von Klemens Himpele

Wien weiß, wie viele Kinder, Gurken, Hunde und viele andere Lebewesen und Dinge es in der Stadt gibt. Mit der Magistratsabteilung 23 – Wirtschaft, Arbeit und Statistik hat die Stadt sogar ein eigenes „Statistisches Amt“, das Zahlen sammelt und weiter verarbeitet.

Aber wozu eigentlich? Anlässlich der Erscheinung des Statistischen Jahrbuchs 2018 haben wir uns unter dem Motto „Wien (er)zählt!“ mit Kindern getroffen und sind dieser und anderen Fragen nachgegangen.

1. Was ist eigentlich Statistik?

Die meisten Kinder und Erwachsenen gehen mit solchen Fragen zuerst zu Wikipedia – eine tolle Erfindung! Im Wiki-Artikel „Statistik“ erfährt man, dass es sich um „die Zusammenfassung bestimmter Methoden zur Analyse empirischer Daten“ und „die Lehre von Methoden zum Umgang mit quantitativen Informationen“ handle.
Das ist für Kinder (und viele Erwachsene) doch recht kompliziert und eher von einem Experten für einen anderen Experten geschrieben.

In normalen Worten ausgedrückt geht es in der Statistik darum, Dinge zu zählen. Die Zahlen werden ordentlich aufgeschrieben und gespeichert und dann rechnen wir mit ihnen weiter. Früher musste man das alles mit der Hand machen, jetzt benutzt man dafür Computer.

2. „Statistisch gesehen“ und „im Durchschnitt“ – was heißt das?

Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten! Am besten versteht man es mit einem Beispiel: Maximilian bekommt von seiner Oma jeden Tag Schokolade – aber nicht zu viel: Am Montag und Dienstag je ein Stück, am Mittwoch und Donnerstag je zwei, am Freitag und Samstag keines, und am Sonntag wieder eines. Wie viele Stücke Schokolade isst Maxi also in einer Woche? 7! Da die Woche 7 Tage hat, isst Maxi also „im Durchschnitt“ 1 Stück Schoko pro Tag, wie wir Statistiker sagen.

In Wirklichkeit ist es natürlich anders: Er isst an manchen Tagen eines, an manchen zwei und an manchen gar keines. „Statistisch gesehen“ ist uns das aber egal: In der Statistik gleichen wir Unregelmäßigkeiten durch Zusammenzählen und Dividieren aus – ein Stück jeden Tag, „im Schnitt“! So können wir die Zahlen von Maxis Schoko-Verzehr z. B. leichter mit anderen Kindern vergleichen.

3. Warum braucht die Stadt Wien ein Statistik-Amt?

Eine Stadtverwaltung ist dafür zuständig, dass das Leben in der Stadt gut funktioniert. Die U-Bahnen müssen fahren, in den Krankenhäusern genug Betten stehen und die Schulen in der Früh aufsperren. Dazu müssen wir genau wissen, was in der Stadt los ist: Wie viele Menschen in ihr wohnen, wie viele davon Ältere, wie viele Kinder sind. Wo sie wohnen; wo Wälder, Gewässer sind. Wie viele Firmen es gibt, wie viel sie produzieren usw. Diese Zahlen helfen uns zu entscheiden, wo wir neue Schulen brauchen oder ob wir mehr Krankenhausbetten oder Busse kaufen müssen.

4. Wie zählt die Stadt Wien?

Hauptsächlich zählen wir Menschen, Tiere und Dinge in Wien auf zwei Arten: Entweder unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen spazieren in der Stadt herum, zählen und tragen die Zahlen in ihr iPad ein. Das passiert vor allem bei den Preisen in Supermärkten: Jeden Monat gehen unsere Kolleginnen und Kollegen in viele Wiener Geschäfte, und schauen dort wie viel Fleisch, Brot, Milch und so weiter kostet – diese Preise ändern sich nämlich dauernd!

Oder die Bewohner und Bewohnerinnen müssen die Daten selbst an die Stadt melden. Wir holen uns diese Zahlen dann elektronisch. So funktioniert zum Beispiel die Zählung der EinwohnerInnen: Alle Menschen in Österreich müssen sich in ihrer Heimatstadt anmelden, also bekanntgeben, wo sie genau wohnen. Wir von der MA 23 sehen diese Daten und rechnen mit ihnen weiter. Bei den Hunden funktioniert es übrigens ähnlich!

5. Was soll das mit dem „Gurkenkönig“ bedeuten?

Das Obst und Gemüse, das die österreichischen Bauern jedes Jahr anbauen und ernten, wird genau gezählt. Und hier bemerken wir etwas Interessantes: Obwohl Wien eine große Millionenstadt mit Hochhäusern, U-Bahnen und 8-spurigen Straßen ist, gibt es 800 Bauernhöfe in der Stadt. Die züchten Tiere, nämlich genau 80 Kühe, 216 Schweine, 195 Schafe und 156 Ziegen.


Obwohl Wien eine Großstadt ist, gibt es landwirtschaftliche Tierhaltung.
Copyright: Kunstuniversität Linz

Und sie bauen Gemüse an. Bei den Gurken haben wir gezählt, dass in Wien mehr Gurken geerntet werden, als im ganzen Rest Österreichs zusammen: Von 100 österreichischen Gurken kommen 62 aus Wien.


62 von 100 österreichischen Gurken kommen aus Wien.
Copyright: Kunstuniversität Linz

Aber auch bei anderem Gemüse ist es so: Von 100 österreichischen Melanzani kommen 66 aus Wien. Bei Petersilie, Paradeisern und Pfefferoni erntet kein anderes Bundesland mehr als die Hauptstadt!


Wien ist bei einigen Gemüsesorten die Nummer 1 in Österreich.
Copyright: Kunstuniversität Linz

Warum gerade dieses Gemüse? Und warum in Wien? Genau können wir es nicht sagen, aber es ist sicherlich kein Zufall, dass sich vor 2000 Jahren Menschen im Gebiet des heutigen Wien angesiedelt haben: Vermutlich aufgrund der Lage an der Donau und der fruchtbaren Böden. Irgendwann viel später haben sich die Wiener Bauern auf bestimmte Gemüsesorten spezialisiert. Deshalb sind wir heute Gurkenkönig, Melanzanimeister, Paradeiserkaiser, Petersilienpapst und Pfefferoniprinzessin.

6. Wie viele Menschen wohnen in Wien? Und wie viele Kinder?

In Wien wohnten am 1. Jänner 2019 etwa 1.900.000 Menschen – also fast zwei Millionen. Davon sind etwa 190.000 Kinder unter 10 Jahren. Das heißt von 100 Wienern, die man auf der Straße trifft, sind 10 Kinder – statistisch gesehen!
Anders gesagt: Wenn alle Wiener Kinder gleichzeitig U-Bahn fahren wollen, braucht man 220 U-Bahn-Züge, und die sind dann gestopft voll. Wenn man diese 220 U-Bahnen hintereinander stellt sind sie ungefähr 24 Kilometer lang – also so lange wie die U3 von Simmering nach Ottakring und wieder zurück.


Die 190.000 Wiener Kinder passen in 220 U-Bahn-Züge.
Copyright: Kunstuniversität Linz

7. Wien wächst – was meint ihr damit immer?

Wien ist in den vergangenen Jahren sehr stark gewachsen. 2019 wohnen um 200.000 Menschen mehr in Wien als noch 2010 – das sind so viele Leute, wie in ganz Linz leben. Die Stadt ist aber dabei von ihrem Gebiet, von ihrer Fläche nicht größer geworden. Es wohnen also mehr Menschen auf dem gleichen Raum (z. B. in höheren Häusern als früher).

Die Bevölkerung von Städten kann auf zwei Arten wachsen: Wenn mehr Babies geboren werden als alte Menschen sterben und/oder wenn mehr Menschen in die Stadt ziehen als aus ihr wegziehen.
Wien ist aus beiden Gründen gewachsen: Jeden Tag kommen im Durchschnitt 56 Babies zur Welt und 44 Wienerinnen oder Wiener sterben. Also werden 12 Menschen mehr geboren als sterben – statistisch gesehen!


Jeden Tag werden in Wien 56 Babies geboren und 44 Menschen sterben.
Copyright: Kunstuniversität Linz

Gleichzeitig ziehen täglich 200 Menschen nach Wien und 173 gehen aus Wien weg – also 27 mehr neue Wiener. Insgesamt wächst Wien also um 39 Menschen pro Tag: 12 Geburten und 27 Zugezogene. Statistisch gesehen natürlich, d. h. an manchen Tagen mehr, an manchen weniger.


Täglichen ziehen 200 Menschen nach Wien und 173 aus Wien weg.
Copyright: Kunstuniversität Linz

8. In Wien wohnen ja viele Menschen aus fremden Ländern. Woher kommen die?

Stellen wir uns vor, dass Wien genau 100 Einwohnerinnen und Einwohner hat: Dann wären 47 in Wien geboren, 17 im Rest von Österreich und 36 im Ausland.
In Wirklichkeit leben 1.900.000 Menschen in Wien. Die meisten, die im Ausland geboren wurden, nämlich 89.000, kommen aus Serbien. Auf Platz 2 liegt die Türkei mit 67.000 Menschen. Platz 3: Deutschland (51.000); Platz 4: Polen (49.000); Platz 5: Bosnien-Herzegowina (46.000); Platz 6: Rumänien (33.000); Platz 7: Syrien und Ungarn (jeweils 23.000). Weitere wichtige Herkunftsländer sind Russland, Afghanistan, Bulgarien, Slowakei, Tschechien, Iran und Mazedonien.
Wien ist also sehr bunt – und eine der vielfältigsten Städte in Europa, was die Menschen betrifft.

9. Was passiert mit dem ganzen Mist, den die 2 Millionen Wiener produzieren?

Jeder Wiener und jede Wienerin verursachen pro Tag fast 2 Kilogramm Müll – statistisch gesehen. 1 Kilogramm davon ist alleine der Hausmüll – der Rest ist großer Sperrmüll, alte Autos und so weiter.
2 Kilogramm – das ist so viel wie ein Laptop oder 3-4 iPads wiegen. Jeden Tag.


Jeden Tag produziert jeder Wiener bzw. jede Wienerin 2 kg Mist – statistisch gesehen!
Copyright: Kunstuniversität Linz

Die Müllabfuhr der Stadt heißt „MA 48“ – und die sind jeden Tag unterwegs und sammeln den Mist ein. Was passiert dann damit? Biomüll wird zu Erde und der Restmüll wird in den Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Das Ganze wird sehr schlau gemacht: Mit der Hitze, die beim Verbrennen des Mülls entsteht, werden viel Wiener Häuser und Wohnungen im Winter geheizt. Mit der Asche, die übrig bleibt, bauen wir einen Berg in der Donaustadt (Deponie Rautenweg).


Biomüll wird zu Erde und Restmüll wird verbrannt.
Copyright: Kunstuniversität Linz

Übrigens: Auf Wiens Straßen werden jedes Jahr rund 20.000 Tonnen Mist aufgesammelt. Das ist so viel, wie 4.000 Elefanten wiegen, oder 15.000 Autos. Damit so viel Straßenmüll zusammenkommt reicht es, wenn jeder Wiener am Tag nur ein paar Papierl auf den Boden wirft.
Eigentlich verrückt, oder? Die Stadt schickt täglich Hunderte Arbeiter aus, die den Müll wieder einsammeln, den achtlose Menschen einfach auf die Straßen und Gehsteige werfen. Also schauen wir, dass, auch wenn wir draußen unterwegs sind, unser Müll immer im Mistkübel landet – genau wie zuhause.

 
Wenn ihr noch Fragen habt, also z. B. wie viele Golden Retriever in der Donaustadt leben oder wie viele Kinder es in eurem „Grätzl“ gibt, schreibt uns einfach an anfragen@ma23.wien.gv.at. Wir schauen, ob wir euch mit Zahlen helfen können und antworten so schnell wie möglich!

 

Copyright: Kunstuniversität Linz

 

Präsentationsveranstaltung für Kinder „Wien (er)zählt!“

Dieser Text ist eine Zusammenfassung der Präsentation „Wien (er)zählt!“, die der Statistiker Klemens Himpele und der Moderator Roman Kollmer erstmals am 12. Jänner 2019 in der Hauptbücherei gehalten haben – der Kinder-Kurier berichtete ausführlich.

Wenn Klemens Himpele und Roman Kollmer ihren Vortrag über Zahlen und Statistik in Wien auch in eurer Schule halten sollen, meldet euch bitte bei Franz Trautinger (franz.trautinger@wien.gv.at). (Zielgruppe: 3. Klasse Volksschule)

 

Weiterführende Informationen

Alle unsere Daten findet ihr auf www.statistik.wien.at.
Broschüre „Wien in Zahlen“
Wo die Wienerinnen und Wiener wohnen: „Wien, größte Stadt des Burgenlandes: Über „Zuagraste“ in der Hauptstadt“ (Blog-Artikel)

 

Zum Autor

  • Klemens Himpele ist Leiter der Magistratsabteilung 23 – Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien.
    @KHimpele

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