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Warum die Vornamenslisten der Stadt Wien kein Skandal sind

von Klemens Himpele

Laut einem Bericht der Kronen Zeitung würde Wien verschweigen, dass der Vorname Mohammad bei den Buben bereits auf Platz 5 liege. Dazu ein paar Anmerkungen.

  1. Es gibt gleich oder ähnlich klingende Namen mit unterschiedlichen Schreibweisen, bspw. mein eigener Vorname Klemens und Clemens, aber eben auch viele andere wie Thomas/Tomas, Hannah/Hanna, Anna/Ana, Klaudia/Claudia, Julia/Iulia, Alexander/Aleksandar usw.
     
  2. Diese Namen kann man nach ihrer Aussprache zusammenfassen (phonetisieren), d.h. gleichklingende Namen werden zusammengezählt. Damit gewinnt man Informationen (etwa, dass es mehr Clemens gibt, wenn man die Klemens dazuzählt), man verliert aber auch jede Menge (nämlich, dass es auch Klemens gibt). Beim Phonetisieren kann man also den Vorwurf bekommen, dass man Namen verstecken wolle (Iulia, Aleksandar…)
     
  3. Man kann die Namen zusätzlich auch noch etymologisieren, also die Namen aufgrund ihrer Herkunft/Wurzel (Etyma) zusammenfassen. Sie werden quasi ins Standarddeutsche „übersetzt“. Andrew wird so zu Andreas gezählt, Iskender zu Alexander, Fernando zu Ferdinand usw. Die Statistik Austria hat eine Liste publiziert, wie sie phonetisiert und etymologisiert. Sie zählt etwa auch den Namen Alastair, Alistair und Iskender zu Alexander und Ander, Andrew, Andrée, Andris usw. zu Andreas. Man sieht: So einfach ist es nicht. Der „Katalog“, wie die Statistik Austria das genau macht, findet sich hier
     
  4. Korrekt ist auch das Vorgehen, die Namen so zu veröffentlichen, wie sie geschrieben werden, weil mich ja meine Eltern bewusst Klemens und nicht Clemens genannt haben. Hier kann also keinesfalls von einem Fehler gesprochen werden.
     
  5. Die Krone wirf der Stadt nun vor, etwas zu verschweigen. Das ist insofern absurd, als sowohl phonetisierte wie auch nicht-phonetisierte Listen online verfügbar sind – auf den Internetseiten der Stadt. Von einem „internen Ranking“ zu schreiben ist schlicht falsch.
     
  6. Unseres Wissens gibt es in Österreich drei Vornamenslisten, die alle für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Alle drei benutzen verschiedene Methoden, die gleich legitim sind. Die Ergebnisse sind folglich bei allen Listen andere. Keines ist per se „richtig“ oder „falsch“.

    • Die Liste(n) der MA 63 (Standesämter)
      Weder phonetisiert noch etymologisiert. Die Namen werden nach ihrer Schreibweise in der Geburtsurkunde zusammengezählt und ausgewertet.
      https://www.wien.gv.at/verwaltung/personenwesen/namen/vornamen/
       
    • Die Liste der MA 23
      Wir haben begonnen, Namenslisten von 2010 bis 2016 zu phonetisieren (nicht etymologisieren!). Da das Thema „Baby-Vornamen“ nicht so zentral ist, haben wir uns zunächst auf Namen beschränkt, von denen es viele Schreibweisen gibt bzw. die häufig vorkommen. Diese Liste wurde gleich nach ihrer Erstellung über die Open Government Data-Plattform öffentlich bereitgestellt (im April 2017). Welche Namen wir phonetisiert haben, ist in der Dokumentation (siehe Link) genau angegeben. (Hinweis: Unsere Methode unterscheidet sich damit grundlegend von jener der Statistik Austria.)
      https://www.data.gv.at/katalog/dataset/87fc82a0-0042-49c8-b6f9-2602cd3dc17a
       
      Auch hier eine Anmerkung: Es gibt in Wien über 100.000 verschiedene Vornamen – natürlich auch bedingt durch Namen mit Bindestrich. Alleine 2016 wurden – gezählt nach exakter Schreibweise und jeweils nur der erste Name – 2648 verschiedene Bubennamen und 2762 verschiedene Mädchennamen an Neugeborene in Wien vergeben. Diese zu phonetisieren ist kein geringer Arbeitsaufwand. Nicht zuletzt, weil auch immer neue Namen bzw. Schreibweisen dazukommen und weil immerhin 63 Namen sowohl an Buben als auch Mädchen vergeben wurden (z.B. Alexis). Man kann – wenn man es für notwendig erachtet – also ziemlich viele Ressourcen in das Thema stecken, was wir bisher nicht getan haben.
       
    • Die Liste der Statistik Austria
      Die Statistik Austria phonetisiert und etymologisiert. Wer sich also für die (phonetisiert-etymologisierte) Reihung der Wiener Vornamen interessiert, konnte das schon seit einiger Zeit auf den Internetseiten der Statistik Austria nachlesen.. Aktuell liegt die Tabelle hier:
      http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bevoelkerung/geborene/vornamen/index.html
       
  7. Es ging beim Beitrag der „Krone“ also vor allem um Emotionen, die ich hier nicht weiter kommentieren will. Der häufigste Bubenname in Wien im Jahr 2016 (phonetisiert von der MA 23) ist übrigens Alexander mit 171 Namensgebungen. Bei 20.804 Geburten (beiderlei Geschlechts).

 

Wir werden das Thema in der MA 23 aufgrund des öffentlichen Interesses weiterentwickeln. Wichtig ist, dass wir dabei auch weiterhin transparent vorgehen werden. Meine Bitte wäre: Diskutieren wir Daten sachlich. Das wäre für alle hilfreicher.

 

Zum Autor

  • Klemens Himpele ist Leiter der Magistratsabteilung 23 – Wirtschaft, Arbeit und Statistik.

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