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Wien boomt: immer mehr Touristen, noch mehr Flugpassagiere

#wieninzahlen-Chart Story #6 (11/2019)

Der Wiener Tourismus und der Wiener Flughafen werden 2019 voraussichtlich (wieder) historische Gäste- bzw. Passagierrekorde verzeichnen. Doch wie hängt das Wachstum von Hotellerie und Aviation zusammen? Zuletzt immer schwächer, wie wir in unserer aktuellen Chart Story feststellen.

Die Entwicklung des Wiener Tourismussektors ist beeindruckend – die Zahlen werden monatlich von der Stadt Wien (Wirtschaft, Arbeit und Statistik, MA 23) erhoben: 4,6 Millionen Gästeankünften in Wiener Beherbergungsbetrieben 2008 standen zehn Jahre später 7,5 Millionen gegenüber – eine Steigerung von +64 %. Bei den Nächtigungen war das Wachstum ähnlich: 2018 wurden 16,5 Millionen verzeichnet – also etwas über 2 Nächte pro Gast.

Auch der Wiener Flughafen legte in den letzten Jahren stark zu: 2018 starteten und landeten 27,0 Millionen Passagiere – ein Wachstum von 37 % gegenüber 2008 (19,7 Millionen). Der Anteil der Lokalpassagiere, das sind Passagiere die im Gegensatz zu Transitpassagieren nicht nur in Wien zum Umsteigen zwischenlanden, betrug letztes Jahr 75 %, und war damit um 5 Prozentpunkte höher als 2008. In absoluten Zahlen stiegen die Lokalpassagiere in diesem Zeitraum von 13,8 auf 20,4 Millionen.

Wachsen (und schrumpfen) Flughafen und Hotellerie Hand in Hand?

Dass Flugpassagier- und Touristenboom in Wien in einer Form miteinander in Verbindung stehen, liegt auf der Hand. Um Näheres über diesen Zusammenhang zu erfahren, haben wir uns die Monatsdaten seit 2008 angesehen.

Man bemerkt zunächst: In Wien gibt es deutlich mehr Flugreisende als Beherbergungsgäste. Umgekehrt wäre es bei einer Großstadt auch verwunderlich: Schließlich bringt der Wiener Flughafen nicht nur Touristen nach Wien, sondern auch Wiener und viele Bewohner der Ostregion sowie Tschechiens, der Slowakei und Ungarns in die ganze Welt.

Gleichzeitig werden zwei Trends erkennbar: Flughafen- und Tourismuszahlen folgen demselben saisonalen Muster; in den wärmeren Monaten wird mehr geflogen und übernachtet als in den kälteren. Und beide steigen (zumeist parallel) stark an – im August 2019 wurden historische Rekorde sowohl am Flughafen als auch im Beherbergungssektor verzeichnet.

Allerdings überholte der Flughafen zuletzt die Hotels beim prozentuellen Wachstum. In der zweiten Grafik vergleichen wir die Monatsdaten jeweils mit dem entsprechenden Kalendermonat im Vorjahr, um den saisonalen Schwankungen gerecht zu werden. Die blauen Linien zeigen die Veränderung der Lokalpassagiere in Prozent, die gelben jene der Gästeankünfte in Hotels (und anderen Beherbergungsbetrieben). Die Farbflächen dazwischen verdeutlichen, wer stärker zugelegt hat: hellblau steht für mehr Wachstum am Flughafen, hellgelb im Beherbergungssektor.

Hintergrundinfo: Statistische Artefakte

  • In Zeitreihen mit Vergleichen zum jeweiligen Vorjahresmonat können statistische Artefakte auftreten. Auch in der obigen Grafik finden sich solche. Zum Beispiel legte der isländischen Vulkan Eyjafjallajökull im April 2010 den europäischen Flugverkehr tagelang lahm; Wien verzeichnete 8 % weniger Passagiere als im Vorjahr. Ein Jahr später, im April 2011, wuchs der Flughafen dann im Vergleich zum April 2010 um rekordverdächtige 25 % – weil im Gegensatz zum Vorjahresmonat wieder täglich geflogen wurde. Einen ähnlichen Effekt beobachten wir, wenn das Osterdatum zwischen zwei Jahren von März auf April (und umgekehrt) wechselt. 2013 fand Ostern z. B. im März statt, 2014 im April. Im April 2014 legten Tourismus und Flughafen kräftig zu, im März 2014 schwächelten sie.
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Nach dem Jahr 2009, in dem auch Aviation und Hotellerie die internationale Finanzkrise zu spüren bekamen, wuchsen die Touristenzahlen bis Mitte 2016 (prozentuell) fast immer stärker als der Flughafen – sichtbar an den hellgelben Flächen in der Grafik. Diese Entwicklung ist statistisch erklärbar: In Wien ist der Flughafen in absoluten Zahlen „größer“ als der Hotelleriesektor. Landen also z. B. 1.000 Touristen mehr in Schwechat, wirkt sich das auf den (kleineren) Hotelleriesektor prozentuell stärker aus als auf den (größeren) Flughafen.

Flughafen überflügelt Hotellerie seit 2016

Im Jahr 2016 erreicht der Billigfliegerboom den Wiener Airport. Dieser überholt nun beim Wachstum den Beherbergungssektor, was in der Grafik durch die immer größer werdenden hellblauen Flächen dargestellt ist. Zunächst nimmt die österreichische Lufthansa-Tochter Eurowings Europe den Betrieb in Wien auf. 2018, nach der Pleite von Airberlin / Niki, starten drei weitere große europäische „Billigfluglinien“ in Wien und expandieren stetig: Laudamotion / Ryanair, Wizzair und Level / Vueling.

Die neuen Player schaffen viel zusätzliches Angebot ab Wien, das sofort angenommen wird. Nur offenbar vor allem von den Wienerinnen und Wienern (und anderen Bewohnern der Großregion), die ins Ausland fliegen – und nicht so sehr von ausländischen Touristen, die in Wien übernachten. Die Gästezahlen in den Hotels entwickeln sich zwar weiterhin gut, liegen aber deutlich unter dem Flughafenwachstum.

Vom Billigfliegerboom am Wiener Flughafen profitiert die Hotellerie also vorerst wenig – und wächst trotzdem kontinuierlich! Das ist keine Überraschung: Der Wiener Tourismus verfolgt eine qualitätsbewusste und nachhaltige Strategie; kurzfristige Angebotserweiterungen von Airlines spielen dabei eine Nebenrolle.

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