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Markus Marterbauer – Wien: Eine reiche Stadt wächst

Das Gerede von der Überschuldung der Stadt Wien entbehrt jeder Grundlage. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt unter dem österreichischen Durchschnitt und ist deutlich niedriger als bei den Spitzenreitern Kärnten und Niederösterreich. Zudem stehen ihr hohes privates und öffentliches Vermögen gegenüber. Als Problem erweist sich viel eher, dass der dringende Ausbau der Infrastruktur in der rasch an Bevölkerung zunehmenden Stadt Wien durch ökonomisch unsinnige Fiskalregeln behindert wird.

 

Öffentliche Verschuldung unterdurchschnittlich, aber steigend

Die Stadt Wien war im Jahr 2014 mit 4,893 Milliarden Euro verschuldet, das sind 2.722,36 Euro je EinwohnerIn. Das liegt unter dem Durchschnitt der anderen Bundesländer, er beträgt für Länder und Gemeinden 2.951,00 Euro pro Kopf und um den Spitzenplatz ringen die beiden notorischen Verschuldungsmeister Kärnten mit 4.272,00 Euro sowie Niederösterreich mit 4.270,00 Euro.

Doch die Zahlen seien geschönt, heißt es, Wien stehe nur deshalb gut da, weil ein Großteil der Verschuldung in ausgegliederten Unternehmen versteckt sei. Ein Blick auf die Daten ändert am Bild allerdings wenig. Inklusive ausgegliederter Einheiten steigt zwar die Verschuldung der Stadt Wien auf fast eine Milliarde Euro und 3.189,00 Euro pro Kopf, doch auch in den anderen Bundesländer wird ausgegliedert, dort steigt die Verschuldung auf über 4.000,00 Euro pro Kopf – Kärnten und Niederösterreich bewegen sich sogar um die 6.000,00 Euro.


Grafik: Schulden pro Kopf im Bundesländervergleich

Doch die öffentliche Verschuldung in Wien ist in den letzten Jahren markant gestiegen, 2008 betrug sie nur 1,5 Milliarden Euro, das entsprach 870 Euro je EinwohnerIn. Ist die Stadt damit auf dem Weg zu einer wirtschaftlich nicht tragfähigen Überschuldung?

Der Anstieg der öffentlichen Verschuldung hat zwei zentrale Ursachen. Zum ersten die Finanz- und Wirtschaftskrise, die seit 2008 andauert. Die schwache wirtschaftliche Entwicklung führte bei allen öffentlichen Haushalten zu einer markanten Dämpfung des Wachstums der Abgabeneinnahmen. Wien hat zusätzlich versucht, aktiv dem Wirtschaftseinbruch und dem Anstieg der Arbeitslosigkeit gegenzusteuern und die öffentlichen Investitionen ausgeweitet.

Nun wäre es sicherlich ökonomisch unvernünftig, die sprichwörtlichen Potemkinschen Dörfer zu bauen, nur um in einer Wirtschaftskrise Beschäftigung zu halten. Doch in Wien ist die Ausweitung der Infrastrukturinvestitionen sehr gut begründet. Denn die Zahl der EinwohnerInnen nimmt stark zu, zuletzt um etwa 25.000 pro Jahr, und damit steigt auch der Bedarf an öffentlicher Verkehrsinfrastruktur, sozialem Wohnbau sowie Bildungs- und Sozialeinrichtungen. Das rasche Bevölkerungswachstum bildet somit die zweite Ursache der steigenden Verschuldung.

 

Wichtigste Herausforderung: Infrastruktur ausbauen

Aus ökonomischer Sicht spricht alles dafür, die notwendige Infrastruktur für die rasch wachsende Stadt über Kredite zu finanzieren und nicht durch die Höhe der laufenden Steuereinnahmen zu begrenzen. Doch die EU-Fiskalregeln und der innerösterreichische Stabilitätspakt sehen das ganz anders. Nicht einmal die bei rasch wachsender Bevölkerung unverzichtbaren Investitionen in die kommunale Infrastruktur werden vom Nulldefizitwahn verschont. Hier gefährden gescheiterte wirtschaftliche Ideologien die Zukunft einer Stadt und ihrer Menschen.

Trotz der vielfältigen sozialen und wirtschaftlichen Probleme, die vor allem in der stark steigenden Arbeitslosigkeit und den Herausforderungen der Integration der MigrantInnen und Flüchtlinge bestehen, ist die wirtschaftliche Ausgangsposition der Stadt Wien relativ bequem. Dies beruht vor allem auf der leistungsfähigen Wirtschaft, der Errungenschaft der gut ausgebauten sozialen Dienstleistungen und dem hohen Wohlstand. Der Reichtum Wiens zeigt sich im privaten Vermögen, das trotz der Finanzkrise so hoch ist wie nie zuvor, ein Vielfaches der öffentlichen Verschuldung beträgt, aber extrem konzentriert ist. Im Unterschied zu vielen anderen Bundesländern und Städten in Österreich und Europa ist in Wien auch das öffentliche Vermögen hoch. Die Stadt verfügt über hohe Immobilienbestände und wertvolle Unternehmensanteile. Wahrscheinlich ist das öffentliche Vermögen sogar merklich höher als die öffentliche Verschuldung, doch bislang ist es nicht bewertet.

Die wichtigste Herausforderung für eine moderne Kommunalpolitik besteht in der Grundversorgung aller Menschen unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage mit öffentlicher Infrastruktur und sozialen Dienstleistungen. Das verlangt nach zusätzlichen Investitionen in den öffentlichen Verkehr und den sozialen Wohnbau sowie einer Sicherung der Qualität des Gesundheitswesens, des Bildungssystems, der Sozialarbeit und anderer sozialer Dienstleistungen.

 

Mehr Flexibilität bei den EU-Fiskalregeln unverzichtbar

Deshalb müssen die europäischen Fiskalregeln stärker den nationalstaatlichen und regionalen wirtschaftlichen Erfordernissen angepasst werden. Besonders dringend ist die Einführung einer „goldenen Regel öffentlicher Investitionen“. Öffentliche Investitionen haben über Generationen hinweg positive Wirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung. Würden sie nur durch laufende Steuern finanziert, so zahlt die heutige Generation die gesamten Investitionskosten, während auch zukünftige Generationen profitieren. Eine reine Steuerfinanzierung des Ausbaus von U-Bahnen, Schulzentren oder Krankenhäusern in der rasch wachsenden Stadt Wien wäre ökonomisch ineffizient. Sie würde zu geringerer Investitionstätigkeit als wirtschaftlich notwendig führen. Deshalb sollte der Fiskalpakt so geändert werden, dass über den Konjunkturzyklus hinweg eine Neuverschuldung im Ausmaß der öffentlichen Investitionen möglich ist.

Darüber hinaus muss die Beteiligung privater Vermögen an der Finanzierung öffentlicher Leistungen verstärkt werden: Die Besteuerung großer Vermögen, Erbschaften und Spitzeneinkommen kann nicht nur zur Entlastung der Leistungseinkommen aus Arbeit beitragen, sondern auch zur Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur und Dienstleistungen.

Zum Autor

  • Markus Marterbauer leitet die Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der AK Wien und bloggt auf dem Blog Arbeit und Wirtschaft

3 Kommentare

  • 23. Januar 2016 von Jetztkennmadi

    Glaube nur jener Statistik die du selber gefälscht hast! Zumindest habe ich es bisher immer so gehalten, und ich habe einige Statistiken erstellt. Aber wie sollen sie auch anders schreiben, Wien ist rot und auch die AK ist rot, so viel zu ihrer Glaubhaftigkeit.

    • 26. Januar 2016 von wien1x1.at Redaktion

      Hallo “Jetztkennmadi”,
       
      die Zahlen, die zur Berechnung herangezogen wurden, sind offizielle Zahlen der Statistik Austria, die auch öffentlich einsehbar sind. Basis für die Berechnung sind die jeweiligen Bevölkerungsstände per 01.01.2015, sowie die öffentlichen Schuldenstände per 31.12.2014. Da Wien Land und Gemeinde zugleich ist, müssen – damit die Daten überhaupt vergleichbar sein können – auch bei den anderen Bundesländern Länder- und Gemeindeschulden addiert und dann durch den jeweiligen Bevölkerungsstand dividiert werden. Sie können auch gerne selbst nachrechnen!
       
      Bevölkerungsstände per 01.01.2015: http://bit.ly/1KCqxbS
      Öffentliche Schuldenstände per 31.12.2014: http://bit.ly/1lOmiDA
       
      Liebe Grüße,
      Ihre wien1x1-Redaktion

  • 19. Oktober 2016 von LilLoco SEO

    Hallo,
    leider ist es so, dass wien schon immer rot war und immer rot bleiben wird. viele leute haben und finden keinen job. leute die einen wollen bekommen keinen und bleiben daheim und lassen sich vom staat bzw. uns bezahlen. seit 2015 ist das nur noch schlimmer geworden mit den flüchtlingen die in unser land kommen. ich hoffe egal wer Wien regieren wird, er wird eine lösung finden…

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